Grundrechtsverstösse bei der Dritteinziehung

Im aktuellen Jusletter setzt sich Frau Kollegin Nadelhofer mit Art. 70 Abs. 2 StGBauseinander (Simone Nadelhofer, Probleme der Dritteinziehung gemäss Art. 70 Abs. 2 StGB, in: Jusletter 4. Juni 2007). Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde.

Die Autorin kommt zum Schluss, dass über die Hintertür von Art. 70 Abs. 2 StGB ein „faktisches Geldwäschereiäquivalent“ geschaffen wird, um auch Deliktsarten zu erfassen, welche der Geldwäschereitatbestand ausnimmt. Sie fordert daher u.a. eine enge Auslegung des Kriteriums „Kenntnis der Einziehungsgründe“. Indem die Autorin über den Tellerrand des Strafrechts hinausblickt, stellt sie folgende Forderung auf:

In einem Rechtsstaat kann aber das Vertrauen in die Selbstbeschränkung der Strafverfolgungsorgane bei der Ermessensausübung allein nicht die Grundlage für deren Handeln sein; dieses muss vielmehr durch klare, verfassungskonforme Kriterien geleitet werden.

Dagegen kann man freilich einwenden, dass nicht die Strafverfolgungsorgane die Dritteinziehung verfügen, sondern die Strafrichter. Im Ergebnis ist die Forderung aber völlig berechtigt, denn es sind die Strafverfolger, welche die Dritteinziehung durch „Drittbeschlagnahme“ vorbereiten und diese wird zusehends beliebter. Besonders beliebt scheinen Vorschüsse auf Verteidigerhonorare zu sein.