Von richtigen und falschen Einvernahmen

Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde von Andreas Hafen abgewiesen (1P.817/2006 vom 01.06.2007, vgl. auch NZZ). Hafen rügte u.a., sein Gutachter habe Angehörige befragt, ohne sie über ihre Rechte aufgeklärt zu haben, was die anwendbare StPO ausdrücklich vorschreibt. Die Verwendung des Gutachtens sei willkürlich. Das Bundesgericht sieht das anders:

Die vom Gutachter telefonisch eingeholten Auskünfte können nicht mit Zeugeneinvernahmen bzw. Zeugenaussagen gleichgesetzt werden. Eine richtige Einvernahme wird durch die Strafbehörden bzw. die Gerichte durchgeführt und protokolliert. Demgegenüber handelt es sich hier um blosse Erkundigungen des Arztes, ergänzend zur ärztlichen Untersuchung […]. Die kantonalen Gerichte haben in keiner Art aus dem Gutachten “Zeugenaussagen” gewonnen, die sie zum Nachweis der Anklage verwendet hätten. Hätten sie so vorgehen wollen, so hätten sie Mutter und Ehefrau nach förmlicher Belehrung richtig einvernehmen müssen […]. Die Auskünfte der Mutter und der Ehefrau des Beschwerdeführers sind keine Zeugenaussagen und wurden nicht als solche verwendet. Unter diesen Umständen ist die Ansicht des Kantonsgerichts verfassungsrechtlich haltbar, das psychiatrische Gutachten könne – trotz der fehlenden Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht bei der telefonischen Anfrage – verwendet werden. Die Willkürrüge ist unbegründet (E. 4.4).

Selbst in Anbetracht der Willkürkognition ist der Entscheid schwer verständlich. Er führt im Ergebnis zu einem praktischen Rezept, wie gesetzliche Pflichten zu umgehen sind: Man befrage informell und schon ist man von den sinnlosen und eh bloss störenden gesetzlichen Belehrungspflichten entbunden. Der Richter muss dann aber darauf achten, nur das Gutachten zu verwerten und ja nicht etwa die Aussagen, die in das Gutachten eingeflossen sind.