Zwischenbilanz: Geheimplan gegen Roschacher?

Nachdem sich nun auch noch das Bundesstrafgericht Gehör verschafft hat (NZZ), kann man eine kleine Geheimplanzwischenbilanz ziehen, was allerdings mangels Fakten nur in der Form von Fragestellungen möglich ist:

  1. Woher genau stammen die Unterlagen zum angeblichen Geheimplan gegen Rochschacher und wie gelangten sie an Blick und Tagesanzeiger (die GPK hat eine zum Vornherein aussichtslose Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung eingereicht)?
  2. Wie kommt die GPK dazu, Dokumenten eine „wahrscheinlich“ staatspolitische Dimension zu unterstellen, die sie auf dem rechtsstaatlich vorgesehenen Weg erst noch beschaffen will (bisher hat sie bloss Kopien von der Bundesanwaltschaft, was offenbar nicht rechtsstaatlich genug ist)?
  3. Kann die GPK als politische Aufsichtsbehörde Frage 1 auch nur ansatzweise glaubwürdig untersuchen, wo doch zumindest nicht auszuschliessen ist, dass das Leck bei ihr zu suchen ist?

Frage 1 wird sich mit etwas Glück vielleicht bald beantworten lassen. Der Schlüssel liegt bei Holenweger, dem man aber bereits deshalb nicht glauben wird, weil er der SVP nahesteht. Frage 2 dürfte rein politische Hintergründe haben und ist daher wenig prickelnd. Da die Antwort auf Frage 3 ohne jeden Zweifel mit nein zu beantworten ist, stellen sich weitere Geheimplanfragen nicht.

Auf der sachlichen Ebene stellen sich nach dieser Woche eigentlich nur zwei Fragen?

  1. Wie wird die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft ausgestaltet?
  2. Wer darf was gegen wen in welcher Weise sagen, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, den Rechtsstaat und die Gewaltentrennung nicht zu respektieren?

Bei Frage 1 ist bei der gegenwärtigen Konstellation zu befürchten, dass sich die vom Bundesamt für Justiz vorgeschlagene und sachlich m.E. einzig richtige Lösung (einheitliche Aufsicht beim EJPD, vgl. einen früheren Beitrag) politisch jedenfalls solange nicht durchsetzen wird als Blocher Justizminister ist. Die Lösung wäre richtig, weil aus rechtsstaatlicher Sicht lediglich das Gericht unabhängig sein muss. Der Staatsanwalt vertritt den Strafanspruch des Staates und damit eine klassische Exekutivfunktion, was auch daran ersichtlich ist, dass der Bundesanwalt vom Bundesrat gewählt wird. Die zu Recht geforderte Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft hat mit Gewaltentrennung schlicht und einfach nichts zu tun. Unabhängigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang allein Weisungsfreiheit bezüglich Verfahrenseröffnung, -führung und -abschluss. Als Strafverteidiger ist mir die Vorstellung unerträglich, dass der Staatsanwalt der Aufsicht eines Gerichts untersteht, vor dem er seine Fälle vertritt.

Frage 2 ist eine schweizerische Spezialität. Hier wird bereits die leiseste Kritik an einer anderen Gewalt als staatspolitisch untragbare Verletzung der Gewaltentrennung empfunden. Das erscheint mir als blanker Unsinn und dient in erster Linie der hierzulande immer weiter um sich greifenden Maulkorbmentalität.