Anwaltstarif aufgehoben; CHF 150.00 / h verfassungswidrig
Das Bundesgericht hat § 9 Abs. 2 des Anwaltstarifs des Kantons Aargau auf Beschwerde zweier Kollegen hin aufgehoben (BGE 2P.17/2004 vom 06.06.2006). Die aufgehobene Bestimmung lautet wie folgt:
Der Ansatz für unentgeltliche Rechtsvertretung beträgt pauschal Fr. 150.– pro Stunde.
Nicht als verfassungswidrig hat das Bundesgericht zunächst einen gegenüber der gewillkürten Vertretung reduzierten Stundenansatz qualifiziert:
Allein der Umstand, dass gemäss § 9 Abs. 2 AnwT für Pflichtverteidigungen ein reduzierter Stundenansatz zur Anwendung gelangt, lässt die streitige Dekretsänderung mithin nicht als verfassungswidrig erscheinen (E. 7.3.4).
Weiter hält das Bundesgericht fest, ein Ansatz von CHF 150.00 sei nicht offensichtlich zu niedrig.
Er ist weder mit Blick auf die Verhältnisse in den anderen Kantonen noch aufgrund der einschlägigen Präjudizien offensichtlich zu niedrig (E. 7.5).
Korrigiert hat das Bundesgericht hingegen seine Rechtsprechung, wonach bei amtlichen Mandanten nur Anspruch auf Deckung der Selbstkosten bestehe:
In Anbetracht der stark gewachsenen Zahl der amtlichen Mandate sowie der veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erscheint es stossend, wenn ihnen für diesen Teil ihrer Tätigkeit bloss die eigenen Aufwendungen abgegolten werden. Es ist mit dem Willkürverbot und indirekt auch mit Art. 27 BV nicht mehr vereinbar, als Untergrenze für eine “angemessene Entschädigung” lediglich die Deckung der Selbstkosten vorzuschreiben (E. 8.5).
Diese Erkenntnis hat das Bundesgericht wie folgt konkretisiert:
Gestützt hierauf lässt sich im Sinne einer Faustregel festhalten, dass sich die Entschädigung für einen amtlichen Anwalt im schweizerischen Durchschnitt heute in der Grössenordnung von 180 Franken pro Stunde (zuzüglich Mehrwertsteuer) bewegen muss, um vor der Verfassung stand zu halten, wobei kantonale Unterschiede eine Abweichung nach oben oder unten rechtfertigen können (E. 8.7, Hervorhebungen duch mich).
Dieser Entscheid wird ganz gravierende Folgen für die meisten kantonalen Budgets haben.
Nicht einsichtig bleibt aber nach wie vor, wieso Anwälte als wohl einzige Berufsgruppe zu einem reduzierten Tarif abrechnen müssen, wenn der Staat der Schuldner ist. Dazu werde ich mich bei anderer Gelegenheit nochmals äussern.