Bundesrechtswidrige Beachtung der Unschuldsvermutung
Das Bundesgericht kassiert in Fünferbesetzung ein Urteil, mit dem einem Beschuldigten der teilbedingte Strafvollzug gewährt wurde als bundesrechtswidrig, weil die Vorinstanz dessen Nachtatverhalten nicht gewürdigt habe (BGer 6B_459/2009 vom 10.12.2009). Die Vorinstanz habe
bei der Beurteilung der Legal- und Zukunftsprognose des Beschwerdegegners im Sinne der Art. 42 und 43 StGB durch die Nichtbeachtung des von diesem eingestandenen Nachtatverhaltens einen rechtlich massgeblichen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt und hierdurch Bundesrecht verletzt (E. 1.3).
Im Einzelnen lautet die Begründung des Bundesgerichts wie folgt:
Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, gebietet eine umfassende Beurteilung der Zukunfts- und Legalprognose die Berücksichtigung sämtlicher relevanten Aspekte, vorliegend mithin auch des vom Beschwerdegegner eingestandenen Betäubungsmittelverkaufs. Dass dieser sein Geständnis widerrufen kann, ändert hieran nichts Entscheidendes. So entschied das Bundesgericht, dass der Einbezug von in einem hängigen Strafverfahren zugegebenen Tatsachen bei der Prognosebeurteilung zulässig ist (Urteil 6P.31/2003 vom 8. August 2003 E. 1.3), respektive dass auch nicht abgeurteilte Vortaten, welche Schlüsse auf das Vorleben und den Charakter eines Täters zulassen, mit der erforderlichen Zurückhaltung bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten beachtet werden dürfen (Urteil 6S.145/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 6.2). Ebenso wenig steht die Tatsache, dass der Beschwerdegegner im Falle einer späteren Verurteilung wegen Drogenhandels mit einer Zusatzstrafe zu rechnen hat, einer Berücksichtigung des anerkannten Nachtatverhaltens im vorliegenden Verfahren entgegen, zumal eine solche Zusatzstrafe nach Art. 49 Abs. 2 StGB die Einsatzstrafe und damit auch die Gewährung des hier in Frage stehenden teilbedingten Strafvollzugs in ihrem Bestand unangetastet liesse (E. 1.2).
Vor nicht einmal einem Jahr hatte das Bundesgericht anders entschieden (s. dazu meinen früheren Beitrag). Damals (BGer 6B_1017/2008 vom 24.03.2009) lautete die Begründung wie folgt:
Die Vorinstanz hat für die Frage der Prognose unter anderem auf ein hängiges Ermittlungsverfahren abgestellt. Dies ist unzulässig, weil der Verfahrensausgang nicht feststeht (E. 5.2.1).
Ja was gilt denn nun?
“nicht abgeurteilte Vortaten” ist purer Schwachsinn!
Analog zu den “nicht abgeurteilten Vortaten” sollten ab jetzt auch die “zukünftigen Straftaten, welche der Täter bereits heute gedanklich begeht” in die Prognosebeurteilung einfliessen.
So könnte man dieses Gesindel lebenslänglich wegsperren …
Folglich dürfen die Bundesrichter als Betrüger, Kinderschänder und Mörder bezeichnet werden. Dass sie wegen dieser Taten nicht abgeurteilt wurden, spielt ja keine Rolle.