Dawn Raid mit anwaltlichem Körpereinsatz

Auch freiberufliche Anwälte machen bisweilen “dawn raids”, zum Beispiel wenn sie von der FINMA als Liquidatoren eingesetzt werden. Im Jahr 2007 soll ein vielleicht etwas übermotivierter Kollege gegenüber einer Sekretärin handgreiflich geworden sein, was zu einem Strafverfahren gegen ihn führte. Ebenfalls zu einem Strafverfahren führte dann zudem auch die Abrechnung der Liquidatoren bzw. deren Genehmigung durch die FINMA. Die Bundesanwaltschaft scheint sich allerdings besonders schwer zu tun, gegen ihre FINMA-Kollegen zu ermitteln, denn bereits zum zweiten Mal muss das Bundesstrafgericht die Bundesanwaltschaft dazu anhalten, Vorwürfe gegen zwei FINMA-Mitarbeiter näher abzuklären.

Die beiden FINMA-Mitarbeiter hatten wie angetönt die Schlussrechnung zweier eingesetzter Liquidatoren in einem bankrechtlichen Konkursverfahren genehmigt, obwohl die Rechnung offensichtlich mandatsfremde und zudem übersetzte Aufwendungen enthalten hatte (BStGer BB.2013.11 vom 18.06.2013). Dass der objektive Tatbestand des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung im Amt erfüllt sind, hatte die Beschwerdekammer bereits vor zwei Jahren festgestellt (BStGer BB.2011.34 vom 04.07. 2011 E. 4. und 5). Damals wollte die BA nicht einmal auf die Strafanzeige eintreten. Zwei Jahre später versuchte sie, das Verfahren einzustellen.

Der Sachverhalt erhellt, wenn man sich die drei in diesem Zusammenhang publizierten Entscheide durchliest (der dritte ist BGer 6B_580/2012 vom 28.02.2013). Er wirft ein Schlaglicht auf die fragwürdige Praxis der FINMA bei bankrechtlichen Konkursverfahren. Sie beginnt bei der Vergabe der Mandate, führt über die oft mangelhafte Durchführung der Verfahren und endet bei der Genehmigung der Honorare der Liquidatoren. Bisweilen entsteht der Eindruck, das Budget der Liquidatoren sei identisch mit den verwertbaren Aktiven der zu liquidierenden Gesellschaften. Dieser Eindruck ist aber natürlich schon deshalb falsch, weil ein Budget gar nicht erst gemacht werden muss.

Am Ende wird der Fall wohl verjähren. Es wäre jedenfalls nicht der erste in diesem Sachverhaltskomplex.

Aus dem aktuellen Beschluss der Beschwerdekammer:

Nachdem vorliegend die Schuldfähigkeit wohl kaum bestritten wird, geht es darum abzuklären, wie die Beschuldigten dazu kamen, ihr Vorgehen als pflichtgemäss zu betrachten. Dabei sind insbesondere die finanziellen Motive einzubeziehen: E. war offenbar nicht bereit, seinen Verteidigungsaufwand selber zu bezahlen, und die Verantwortlichen der FINMA bemühten sich ihrerseits wohl, auf der einen Seite die FINMA selbst und andererseits den Beauftragten E. vor finanziellen Nachteilen zu bewahren. Vor dem Hintergrund dieser wirtschaftlichen Motivationslage ist zu klären, welches Verhalten die Beschuldigten für pflichtgemäss hielten und welches nicht. Dabei wird insbesondere der Umstand zu würdigen sein, dass die FINMA für den Fall der Verurteilung von E. eine allfällige Rückforderung gegenüber dem Beauftragten E. bzw. eine Neubeurteilung der Angelegenheit in Aussicht stellte (…), eine Erklärung, deren Motive ebenfalls zu untersuchen sind. Von klarer Straflosigkeit des Verhaltens der Beschwerdegegner 3 und 4 kann aufgrund des jetzigen Aktenstandes nach dem Gesagten nicht gesprochen werden (E. 2.4).