Durchsuchungsbefehl in Theorie und Praxis

In BGer 1B_726/2012 vom 26.02.2012 beschreibt das Bundesgericht die hohen Anforderungen an den Inhalt eines Durchsuchungsbefehls:

Gemäss Art. 241 Abs. 2 StPO bezeichnet der Befehl, mit welchem eine Durchsuchung angeordnet wird, die zu durchsuchenden Personen, Räumlichkeiten, Gegenstände oder Aufzeichnungen (lit. a), den Zweck der Massnahme (lit. b) und die mit der Durchführung beauftragten Behörden oder Personen (lit. c). Die Notwendigkeit inhaltlicher Mindestangaben erlaubt es, den Umfang der Zwangsmassnahme zu definieren. Sie bezweckt, eine Beweisausforschung (sogenannte “fishing expedition”) zu verhindern, wo ohne hinreichenden Tatverdacht nach Beweisen für strafbares Verhalten gesucht wird (vgl. DIEGO R. GFELLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 8 f. zu Art. 241 StPO; CATHERINE CHIRAZI, in: Commentaire Romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 18 zu Art. 241 StPO; BGE 137 I 218 E. 2.3.2 S. 222 mit Hinweisen). Gemäss Art. 241 Abs. 2 lit. b ist deshalb insbesondere der Zweck der Massnahme anzugeben, was neben dem eigentlichen Legalzweck (Festnahme einer verdächtigten Person, Beweismittelbeschlagnahme, Einziehungsbeschlagnahme etc.) auch die Bezeichnung der verfolgten Straftat umfasst (GFELLER, a.a.O., N. 13-27 zu Art. 241 StPO). Der erforderliche Detaillierungsgrad der Angaben definiert sich nach der beschriebenen Begrenzungsfunktion und muss eine nachträgliche Überprüfung der Zwangsmassnahme erlauben. Er variiert von Fall zu Fall (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 4 zu Art. 241 StPO; vgl. auch das Beispiel bei GFELLER, a.a.O., N. 23 zu Art. 241 StPO) [E. 5.2].

Diese Grundsätze wendet es dann wie folgt an:

Im beanstandeten Durchsuchungsbefehl vom 11. Juni 2012 führte die Staatsanwaltschaft aus, es sei zu vermuten, dass der Beschuldigte seine ehemalige Angestellte B. genötigt habe, auf arbeitsrechtliche Forderungen zu verzichten. Weiter sei zu vermuten, dass in den zu durchsuchenden Räumen Tatspuren oder zu beschlagnahmende Gegenstände oder Vermögenswerte vorhanden seien und dass sich in den zu durchsuchenden Schriftstücken, Aufzeichnungen, Anlagen zur Verarbeitung und Speicherung von Informationen sowie Datenträgern Informationen befinden, welche ebenfalls der Beschlagnahme unterliegen. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete die zu durchsuchenden Örtlichkeiten und ordnete an, es sei dort nach Arbeitszeitkontrollblättern, Quittungen, Kassenabrechnungen und weiteren sachdienlichen Hinweisen zu suchen. Zudem wies sie ausdrücklich auf den Tatbestand der Nötigung (Art. 181 StGB) hin.

Diese Angaben sind hinreichend detailliert. Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers trifft nicht zu, dass der ernstliche Nachteil nicht umschrieben worden ist. Nach dem Gesagten wurde im Durchsuchungsbefehl diesbezüglich der Verzicht auf arbeitsrechtliche Forderungen genannt. Das Vorenthalten einer obligationenrechtlich geschuldeten Leistung kann durchaus den Tatbestand der Nötigung erfüllen (vgl. etwa BGE 115 IV 207 E. 2a S. 211 mit Hinweisen). Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen ist im Durchsuchungsbefehl angesichts von dessen Zweck (vgl. E. 5.2 hiervor) nicht notwendig. Die Rüge des Beschwerdeführers ist deshalb unbegründet. Offen bleiben kann, inwiefern zwischen Hausdurchsuchungen und Durchsuchungen von Aufzeichnungen ein Unterschied zu machen ist. Dies ist vorliegend nicht entscheidrelevant (E. 5.3).