Richtiges Zeugnis falsch wiedergegeben

Nach schweizerischem Recht ist das falsche Zeugnis ein Verbrechen, das mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft wird (Art. 307 Abs. 1 StGB). Nicht strafbar ist es, ein richtiges Zeugnis offensichtlich falsch wiederzugeben und in einem Urteil gegen den Beschuldigten zu verwerten. Dass das in der Schweiz vorkommt, belegt ein neuer Entscheid des Bundesgerichts, aus dem ich wie folgt zitiere (BGer 6B_646/2012 vom 12.04.2013):

Die Vorinstanz stellt auf keine ärztliche Beurteilung der Arbeitsfähigkeit ab, sondern zieht aus dem Observationsbericht ihre eigenen Schlüsse, was gemäss Rechtsprechung bei der Festlegung der Arbeitsfähigkeit in der Regel nicht zulässig ist (…). Bezüglich der Feststellung, die SUVA hätte die Taggelder in Kenntnis der observierten Tätigkeiten und Fähigkeiten des Beschwerdeführers ab Juni 2007 gekürzt oder eingestellt, gibt sie die Zeugenaussagen des betroffenen Sachbearbeiters der SUVA, C. , offensichtlich unzutreffend wieder. Dieser machte entgegen den Ausführungen der Vorinstanz nicht geltend, Sozialversicherungsleistungen seien als Folge einer Täuschung zu Unrecht erfolgt, sondern liess diese Frage vielmehr offen, wobei er betonte, “Anwesenheit sei nicht gleich Leistungsfähigkeit” (…) [E. 2.5.1].

Der angefochtene Entscheid war dem Bundesgericht schon deshalb unverständlich, weil die Vorinstanz kühn davon ausging, bei einem Sozialversicherungsbetrug sei die sozialversicherungsrechtliche Arbeitsfähigkeit nicht zu prüfen:

Unverständlich ist, weshalb die Vorinstanz zur Auffassung gelangt, die sozialversicherungsrechtliche Arbeitsfähigkeit sei nicht zu prüfen. Sie wäre vielmehr verpflichtet gewesen, sich mit den rechtlichen Voraussetzungen für die Einstellung der Taggeldzahlungen eingehend auseinanderzusetzen. Dies umso mehr, als sie sich auf keinen Entscheid der SUVA stützen konnte, wonach Taggelder zu Unrecht bezogen wurden (E. 2.5.1).

Und schliesslich war auch – wenn schon, denn schon – der Kostenentscheid der Vorinstanz bundesrechtswidrig:

 

Die Vorinstanz stellt für die volle Kostenauflage im Berufungsverfahren auf Art. 428 Abs. 1 StPO ab. Sie begründet ihren Entscheid damit, der Beschwerdeführer sei im Hauptpunkt – der Schuldfrage – unterlegen. Mit der gleichen Begründung verweigert sie auch die Parteientschädigung (…). Damit verkennt sie, dass die beschuldigte Person im Berufungsverfahren gemäss Art. 436 Abs. 2 StPO auch Anspruch auf eine Parteientschädigung hat, wenn sie in einem Nebenpunkt obsiegt (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1332). Gleiches gilt unter dem Vorbehalt von Art. 428 Abs. 2 StPO grundsätzlich für die Kostenauflage (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt begründet (E. 3.4).

Im nächsten Leben strebe ich eine Richterkarriere an.