Strafbare Verfolgungsjagd

Im Kanton Aargau wurde ein Polizist verurteilt, u.a. weil er auf einer Verfolgungsfahrt die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn missachtet hatte. Das Bundesgericht weist seine Beschwerde ab (BGer 6B_20/2009 vom 14.04.2009). Der Polizeibeamte hatte sich erfolglos auf Art. 14 StGB und Art. 100 Ziff. 4 SVG berufen.

Das Bundesgericht verneint die Dringlichkeit der Dienstfahrt und schliesst daher die Berufung auf Art. 100 Ziff. 4 SVG aus. Es anerkennt, dass sich der Beschwerdeführer grundsätzlich auf den allgemeinen Rechtfertigungsgrund von Art. 14 StGB berufen könnte, was im konkreten Fall aber daran scheitere, dass die Verfolgungsjagd nicht verhältnismässig war.

Zur Konkretisierung des Inhalts der Amtspflicht im Allgemeinen und des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit im Besonderen ist (erneut) auf den Dienstbefehl 186 der Kantonspolizei Aargau zurückzugreifen. Demgemäss ist das Verhältnismässigkeitsprinzip bei allen Fahrten zu beachten. Dies bedeutet, die Gefahren, denen sich die Polizeipatrouillen und die Besatzung mit hohen Geschwindigkeiten aussetzen oder gegenüber Dritten darstellen, sind gegenüber dem zu schützenden Rechtsgut oder gegenüber den Straftatbeständen der zu verfolgenden Person abzuwägen (Dienstbefehl 186 Ziff. 3.1).
Vorliegend steht das gewählte Mittel – die Verfolgungsfahrt mit massiv übersetzter Geschwindigkeit und das zu nahe Auffahren auf der Autobahn im dichten Morgenverkehr – in keinem vernünftigen Verhältnis zum verfolgten Zweck, sprich zur sicheren Identifizierung des Motorradfahrers, dessen Verfehlungen zum Zeitpunkt der Einleitung der Verfolgungsfahrt bereits abgeschlossen gewesen sind. Der Schluss auf die Unverhältnismässigkeit liegt auch deshalb nahe, weil die vom Beschwerdeführer für die übrigen Verkehrsteilnehmer bewirkte Gefahr deutlich höher war als jene, welche der Motorradfahrer mit seinen SVG-Widerhandlungen geschaffen hatte. Dies gilt selbst dann, wenn – wie der Beschwerdeführer vorbringt – (auch hier) von einer toleranzbereinigten Nettogeschwindigkeit ausgegangen wird (E. 4.4.2).