Unrechtmässiger Verzicht auf Gutachten
Wer sich zuerst einer Begutachtung widersetzt und anschliessend die fehlende Begutachtung rügt, wird vom Bundesgericht – auch wenn die Begutachtung an sich zwingend wäre – wegen Rechtsmissbrauchs nicht geschützt (so in BGer 6S.658/2000 vom 12. Dezember 2000). Anders beurteilt hat das Bundesgericht nun folgenden Fall (BGer 6B_417/2010 vom 09.12.2010; Fünferbesetzung):
Nach Ausfällung des Teilurteils vom 1. Juli 2009 beauftragte die Vorinstanz C. mit der psychiatrischen Begutachtung des Beschwerdeführers zwecks Abklärung seiner Schuldfähigkeit (…) und übermittelte ihm die drei Ergänzungsfragen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers (…). Mit Eingabe vom 12. März 2010 teilte dieser der Vorinstanz mit, dass der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Begutachtung teilnehmen könne. Der Beschwerdeführer verzichte auf deren Durchführung. Er hielt in seinem Schreiben aber ausdrücklich fest, dass von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit auszugehen sei (…). In Würdigung dieser Umstände kann dem Beschwerdeführer – im Unterschied zum Angeklagten im vorerwähnten Fall – kein widersprüchliches Verhalten bzw. Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vorgeworfen werden. Die Vorinstanz hätte ihn unter den gegebenen Umständen darauf aufmerksam machen müssen, dass eine Verminderung der Schuldfähigkeit erst aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens angenommen werden kann. Jedenfalls geht es nicht an, alleine aufgrund des Verzichts eine Verminderung zu verneinen.
Der neue Entscheid ist im Ergebnis sicher zu begrüssen. Er könnte aber insbesondere über das Kriterium des widersprüchlichen Verhaltens zum Schluss führen,
- die Schuldfähigkeit interessiert den Richter nur, wenn sich der Betroffene nicht widersprüchlich verhält, oder
- wer sich widersprüchlich verhält kann nicht schuldunfähig sein, oder
- wer sich widersprüchlich verhält ist selber schuld, auch wenn er schuldunfähig ist.
Wie ist das eigentlich um umgekehrten Fall, wenn ein Opfer mehrfach eine Begutachtung zur genauen Feststellung der aus dem tatbestandmässigen Erfolg entstandenen Schäden bzw. deren Ursachen wünscht, die Vorinstanz dieses jedoch verweigert, ihrerseits aber trotzdem medizinische Aussagen betreffend Schäden und Ursachen macht und das Opfer diese Verweigerung der Begutachtung rügt? Oder anders, darf ein kantonales Gericht ohne das jemals ein Gutachten betreffend des beurteilenden Sachverhaltes gemacht wurde, medizinische Aussagen und Beurteilungen abgeben? Genau dies wurde nämlich bei mir gemacht, was ich eine Frechheit finde, weshalb es nun beim BGer landete.
Die neuere Rechtsprechung gibt Ihnen vielleicht Recht. Wo Sachverhaltsfragen ohne die nötige Fachkompetenz gar nicht zuverlässig beurteilt werden können, muss ein Gutachten erstellt werden. Allerdings ist es schon primär Sache der Richter, die Beweise zu würdigen, insbesondere wenn es um Fragen der Glaubhaftigkeit von Aussagen geht..
Mal hoffen, die Vorinstanz hatte ja damals nicht mal die einzige Zeugin befragt die ziemlich alles hätte aufklären können, nun ist diese leider verstorben. Mein Anwalt hat nun den damals falschen Sachverhalt gerügt und auch erneut ein Gutachten verlangt, was dann hoffentlich auch endlich gemacht wird, doch an der Tatsache das die einzige Zeugin nun eben unbefragt verstorben ist wird dies auch nichts mehr ändern.
Natürlich hat die Vorinstanz aber meine Aussagen als Unwahr dargestellt ohne die einzige Zeugin zu befragen oder ein Gutachten zu machen, was ich eben an sich schon katastrophal finde. Denn so ist nun eben ein nicht wieder gut zu machenden Schaden entstanden, was die länger zurückliegenden Straftaten betrifft. Für die nicht so lange zurückliegenden habe ich immerhin einen Ordner voller Polizeiprotokolle und selber genügend Beweise.
Ich finde es einfach ein bisschen lächerlich wenn Richter ohne Gutachten Urteile über medizinische Sachverhalte abgeben, die sogar für entsprechende spezialisierte Gutachter ziemlich schwierig wären und zudem die vollständigen Akten voraussetzen, die nicht einmal das Gericht vollständig hatte, weil versäumt wurde diese komplett einzuholen.
Und was die Glaubhaftigkeit der Aussagen betrifft, so hat die Kantonspolizei immerhin festgehalten dass diese glaubhaft sind und durch verschiedene Beweise noch bekräftigt werden. Doch dieses Aussage der KP hat man wohl gar nicht gesehen, denn es wird einfach behauptet, es sei wohl gar nichts gewesen oder gar nicht so schlimm. Dies alles ohne Gutachten oder Anhörung der benannten Zeugen, da fragt man sich als Betroffener dann schon ob da noch alles mit rechten Dingen zu und her ging.
Nun eben, bleibt nur zu hoffen, dass das BGer das nun erkennt und die Vorinstanz dementsprechend rügt, was ja schon bereits einmal geschehen ist in der selben Sache, doch genützt hat es nicht viel, die Vorinstanz hat die Bundesgerichtlichen Anweisungen einfach missachtet und irgendwas anders gedeichselt…. 🙁