Vom Sinn des Strafens

“Der Bund” befragt heute einen der Wenigen, die sich im Straf- und Strafprozessrecht wirklich auskennen und wissen wovon sie sprechen. Hier ein paar Zitate aus dem Interview:

Andererseits werden heute alle möglichen und unmöglichen gesellschaftlichen Probleme an die Strafjustiz delegiert. Das Parlament geht dabei voraus: Taucht ein neues Problem auf, wird sofort eine neue Strafbestimmung erlassen. Von der Verabschiedung des Strafgesetzbuchs im Jahr 1937 bis zur ersten Revision dauerte es zwanzig Jahre. Zum Vergleich: Allein in den letzten zehn Jahren gab es knapp vierzig Revisionen.

Im Übrigen sollte man sich bewusst sein, dass schärfere Strafen keine abschreckende Wirkung haben. Was potenzielle Täter hingegen beeinflusst, ist die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. Ist diese hoch, verzichtet manch einer auf eine Straftat.

Vom Theologen Helmut Gollwitzer stammt der Satz: «Strafen ist ein Handeln von Sündern an Sündern, nicht von Gerechten an Ungerechten.» Man muss sich als Richter immer bewusst sein: Wir sind Menschen mit Fehlern und Schwächen. Richter dürfen sich nie erhaben fühlen. Das fällt nicht allen Richtern gleich leicht. Ein Berufsleben lang Recht zu sprechen, also immer recht zu haben – das prägt den Charakter. Und ist nicht in jedem Fall günstig.