Von der erbetenen zur amtlichen Verteidigung

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft hat sich in einem Fall notwendiger Verteidigung (Art. 130 StPO) beharrlich geweigert, einem Beschuldigten den bisherigen Privatverteidiger neu als amtlichen Verteidiger zu bestellen. Am Ende sah sie einen sachlichen Grund für die Weigerung darin, dass er dem Beschuldigten von der Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse abgeraten habe (anstatt dem Gesuch um amtliche Verteidigung geeignete Belege betreffend Mittellosigkeit beizulegen).

Dass darin kein sachlicher Grund liegen konnte, belegt an sich ja bereits die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten unter Verletzung seines Vorschlagsrechts einen ihm unbekannten Anwalt als amtlichen Verteidiger bestellt hatte. Das Bundesgericht, das nach zwei kantonalen Beschwerdentscheiden angerufen werden musste, begründet seinen Entscheid aber grundsätzlich (BGer 1B_387/2012 vom 24.01.2013, Fünferbesetzung, ev. AS-Publikation?). Es wirft der Vorinstanz vor,

das gesetzliche Vorschlagsrecht des Beschuldigten betreffend die Person des amtlichen Verteidigers (Art. 133 Abs. 2 StPO) mit den materiellen Anspruchsvoraussetzungen für die unentgeltliche (bzw. vom Staat zu bevorschussende) Verteidigung bedürftiger Personen und den damit verbundenen Substanzierungsobliegenheiten (vgl. Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO) [zu vermischen] (E. 5.1).

Weiter beanstandet  das Bundesgericht, die Vorinstanz verkenne

die gesetzliche Unterscheidung zwischen amtlicher Verteidigung bei notwendiger Verteidigung (Art. 132 Abs. 1 lit. aStPO) und den übrigen Fällen der (unentgeltlichen) amtlichen Verteidigung (E. 5.1).

Schliesslich weist das Bundesgericht auf die Selbstbelastungsfreiheit nach Art. 113 Abs. 1 StPO hin:

In dem von der Vorinstanz beanstandeten prozessualen Vorgehen des erbetenen Verteidigers ist weder ein gesetzes- oder standeswidriges Verhalten ersichtlich, noch ein anderer sachlicher Grund im Sinne der dargelegten Lehre und Praxis, weshalb er nicht als amtlicher Verteidiger zu bestellen wäre. Dass die Vorinstanz das gesetzliche Vorschlagsrecht des Beschuldigten bei der Ernennung des Offizialverteidigers davon abhängig macht, dass der Beschuldigte der Staatsanwaltschaft seine finanziellen Verhältnisse offen legen und der erbetene Verteidiger ihn dazu aktiv anhalten müsse, hält vor dem Bundesrecht nicht stand. Neben den dargelegten Bestimmungen (Art. 132 Abs. 1 lit. a und Art. 133 Abs. 2 StPO) verletzt der angefochtene Entscheid auch das strafprozessuale Verbot des Selbstbelastungszwangs (Art. 113 Abs. 1 StPO) [5.2].

Der Entscheid ist in etlichen Kantonen von nicht unerheblicher Tragweite. Anders als etwa im Kanton Solothurn suchen Staatsanwaltschaften immer wieder nach Gründen, missliebige Anwälte als amtliche Verteidiger auszuschliessen. Besonders beliebt ist es, dem privat verteidigten Beschuldigten die Umwandlung in eine amtliche Verteidigung mit dem Hinweis zu verweigern, er sei ja bereit verteidigt. Damit wird der private Verteidiger, der nicht pro bono arbeiten will, gezwungen, das Mandat niederzulegen. Danach wird der Beschuldigte aufgefordert, zwei bis drei Anwälte seiner Wahl zu nennen, von denen dann einer – natürlich nicht der bisherige – eingesetzt wird. Damit ist es hoffentlich endlich vorbei. Der hier vertretenen Meinung hat offenbar bereits die Vorinstanz zugestimmt, die ihren Entscheid zu Recht wie folgt begründet hattet:

Falls [der Beschuldigte] bereits einen privaten Rechtsvertreter beigezogen habe, sei dieser grundsätzlich als amtlicher Verteidiger zu bestellen (E. 2).