Wenn der Staat sich selbst verletzt und den Beschuldigten dafür zahlen lässt
Erneut ist eine Strafverfolgungsbehörde mit Erfolg ans Bundesgericht gezogen, weil die Vorinstanz Grundrechte missachtet haben soll (BGer 6B_699/2008 vom 06.03.2009):
Die Beschwerdeführerin [Staatsanwaltschaft des Kantons Uri] macht unter anderem geltend, die Abweisung ihrer Beweisanträge verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und beruhe auf einer willkürlichen (Art. 9 BV) antizipierten Beweiswürdigung. Zu diesen Rügen ist sie als Staatsanwaltschaft legitimiert (siehe BGE 134 IV 36 E. 1.4) (E. 2.1, Hervorhebungen durch mich).
Das Bundesgericht bestätigt die Auffassung der Staatsanwaltschaft:
Die Vorinstanz hat die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren gestellten Beweisergänzungsanträge abgewiesen, weil ihres Erachtens aus den im erstinstanzlichen Entscheid sowie aus den von ihr ergänzend genannten Gründen nicht zu unterdrückende Zweifel an der Täterschaft des Beschwerdegegners bestehen. Damit hat die Vorinstanz indessen nur dargelegt, dass sie aufgrund der bereits abgenommenen Beweise sowie aufgrund der Indizien nicht zu unterdrückende Zweifel an der Täterschaft des Beschwerdegegners hat. Sie hat aber die beantragten weiteren Beweise nicht einer vorweggenommenen Würdigung unterzogen und nicht ausgeführt, weshalb das Ergebnis dieser Würdigung an der bereits gewonnenen Überzeugung nichts zu ändern vermöchte. Damit hat die Vorinstanz im Ergebnis die Beweisergänzungsanträge ohne Begründung abgewiesen und dadurch ihre aus dem Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) resultierende Begründungspflicht verletzt (E. 2.3, Hervorhebungen durch mich).
Anträge der Beschuldigten werden doch laufend mit genau dieser “Begründung” abgewiesen. Entsprechende Beschwerden ihrerseits sind praktisch immer aussichtslos.
Aber egal. Mich stört primär, dass die Staatsanwaltschaft als Teil der Exekutive im Ergebnis wie ein privater Grundrechtsträger behandelt wird und damit faktisch Grundrechtsträger wird (hier rügt sie das sogar ausdrücklich!). Das Bundesgericht stützt seine Rechtsprechung auf den (wohl tatsächlich klaren) gesetzgeberischen Willen und darauf, dass manche Grundrechte Geltung als objektive Grundprinzipien beanspruchen, die als solche die gesamte Staatstätigkeit binden. So kommt es dann halt, dass der Staat den Staat durch den Staat daran erinnern muss und – dies schlägt dem Fass nun wirklich den Boden aus – die Kosten dem betroffenen Bürger auferlegt:
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der unterliegende Beschwerdegegner, der in seiner Vernehmlassung das Nichteintreten auf die Beschwerde beziehungsweise deren Abweisung beantragt hat, die Gerichtskosten zu tragen (E. 3).
Das Bundesgericht benutzt die Auflage von Gerichtskosten als Sanktion für die Ausübung der Verteidigungsrechte:
In BGE 1P.626/2001 verneinten die Bundesrichter Nay, Aeschlimann und Favre die Beschwerdelegitimation, obwohl den Beschwerdeführern kantonal Verfahrenskosten auferlegt worden waren (Erwägung A.).
Der angefochtene kantonale Entscheid war bloss von 4 statt der 5 gesetzlich vorgeschriebenen Richter gefällt worden und hätte deshalb aufgehoben werden müssen. Diese Information ist im Bundesgerichtsentscheid nicht ersichtlich. Ich erhielt sie ehemals vom Herausgeber von justizkontrolle.ch.
Dass bereits die Kostenauflage zur Beschwerde legitimiert, wird vom Bundesgericht in BGE 1P.59/2003, 1P.236/2005 und 1P.534/2005 (Féraud, Aemisegger, Nay) hingegen ausdrücklich anerkannt.
Das Bundesgericht hat den damaligen Beschwerdeführern folglich die Beschwerdelegitimation vorsätzlich zu Unrecht aberkannt, ihnen zusätzlich Verfahrenskosten von CHF 3’000.- auferlegt und sie damit rechtswidrig finanziell geschädigt.
Im – mit dem gleichen Strafverfahren offenbar zusammenhängenden – Entscheid vom 12. August 2008 (6B_482/2007, 6B_483/2007, 6B_176/2008, 6B_180/2008) wurden die Parteien solidarisch haftbar gemacht für die ihnen auferlegten Gerichtskosten (Ziffer 5 des Dispositivs), obwohl gemäss Geschäftsnummern die Beschwerden unabhängig voneinander eingereicht wurden und ein Beschluss zur Vereinigung der Beschwerden im Entscheid fehlt.
Es ist zudem grundsätzlich nicht ersichtlich, weshalb eine Partei für das Scheitern einer anderen Partei haftbar gemacht werden soll… ausser aus eingangs erwähnten Gründen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 5. März 2009 (A-7342/2008 und A-7426/2008) demgegenüber die Verfahrenskosten hälftig auf die beiden betroffenen Beschwerdeführer verteilt (Ziffer 3 des Dispositivs).
Die Beispiele belegen, dass die Bundesrichter durch die willkürliche Kostenauflage unliebsame Rechtsuchende davon abzuhalten versuchen, ihre Rechte auszuüben.
Was BGE 1P.626/2001 betrifft, handelten die beteiligten Bundesrichter eindeutig kriminell. Favre war auch an dem von Ihnen kritisierten BGE 6B_699/2008 beteiligt.