In BGer 1B_91/2016 vom 04.08.2016 hat das Bundesgericht die Beschwerde eines Arztes bzw. der von ihm zu wahrenden Berufsgeheimnisse (vorerst) gutgeheissen. Der Fall ist insofern aussergewöhnlich, als das Bundesstrafgericht auf das Entsiegelungsgesuch mit dem Argument nicht eingetreten war, die Voraussetzungen für die Siegelung seien nicht erfüllt. Anlässlich der Durchsuchung sei eine Einsprache unterblieben. Das eine Woche nach der Durchsuchung gestellte Siegelungsbegehren sei klar zu spät erfolgt. Im Übrigen müsse die Untersuchungsbehörde das Berufsgeheimnis von Amts wegen schützen.

Mit guten Gründen, die hier nicht einzeln aufgelistet werden können, hat das Bundesgericht den schwer verständlichen Entscheid der Vorinstanz mit deutlichen Worten kassiert. Es äussert sich u.a. zu den Aufklärungspflichten der Behörden bei Durchsuchungen sowie zu Frist und Form bei Ausübung des Siegelungsrechts. Bemerkenswert sind m.E. aber auch die Ausführungen zum Schutz der Berufsgeheimnisse, der von Amts wegen zu beachten ist:

Darüber hinaus ist das Entsiegelungsgesuch auch noch deshalb von Amtes wegen materiell zu behandeln, weil andernfalls die Geheimnisinteressen der betroffenen Patientinnen und Patienten völlig ungeschützt blieben: Wie im angefochtenen Entscheid dargelegt wird, ist keine Entbindung des Beschwerdeführers von dessen Arztgeheimnis erfolgt (Art. 321 Ziff. 2 StGB; s.a. Art. 50 Abs. 2 VStrR und Art. 171 Abs. 2 StPO) und sind hier “offensichtlich schützenswerte Berufsgeheimnisse, konkret Arztgeheimnisse”, tangiert. Die Nichtigerklärung der Siegelung (und das Nichteintreten auf das Entsiegelungsgesuch) würde aber dazu führen, dass alle sichergestellten und versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände, insbesondere Patientenunterlagen, durchsucht werden könnten. In Fällen wie dem vorliegenden sind die schutzwürdigen Geheimnisrechte von mitbetroffenen Patientinnen und Patienten von Amtes wegen angemessen zu wahren (BGE 141 IV 77 E. 5.2-5.6 S. 83-87; Urteil 1B_36/2016 vom 8. Juni 2016 E. 6-7). Die Vorinstanz wird namentlich zu prüfen haben, ob im Falle einer Entsiegelung die Personalien von Patienten zu anonymisieren sind (E. 5.7).

So klar war (mir) das bisher nicht. Unklar ist mit auch, wie die Untersuchungsbehörde vorzugehen hat, wenn tatsächlich keine Siegelung erfolgt ist und damit ein Entsiegelungsverfahren gar nicht stattfinden kann.