Ab ins Heim!

Das Bundesgericht bestätigt die vorsorgliche Unterbringung eines 18.5-jährigen Mannes in eine Jugendstätte nach Art. 15 JStG i.V.m. Art. 5 JStG (BGer 1B_231/2012 vom 14.05.2012). Die Einweisung dient der genauen Abklärung der persönlichen Situation, der Erstellung eines Gutachtens und der Erarbeitung eines geeigneten Anschlussprogramms. Anlasstat bildet, dass der Mann während der Probezeit eines bedingten Freiheitsentzugs von 10 Tagen zugestandenermassen ein Auto entwendet und damit in angetrunkenem Zustand herumgefahren ist.

Den beschriebenen erzieherischen Defiziten kann im Rahmen einer stationären Unterbringung in einer offenen Einrichtung zweckmässig begegnet werden. Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass er ohnehin erst im August 2012 mit einer Berufsausbildung beginnen könne, so übersieht er, dass die Massnahme der Unterbringung nicht ausschliesslich diesen Zweck hat, sondern umfassend pädagogisch ausgerichtet ist. Aus den Akten ergibt sich zudem, dass er bis dato bereits in verschiedenen Arbeitsbereichen der Jugendstätte tätig war, nämlich der Malerei, dem Siebdruck und in einer Garage. Die dabei gemachten Erfahrungen haben im Schlussbericht vom 10. Februar 2012 zur Empfehlung von Seiten der Pestalozzi-Jugendstätte geführt, ein eidgenössisches Berufsattest zu machen. Der Beschwerdeführer könne weiter bei den Malern in der Jugendstätte arbeiten und erhalte die Möglichkeit, intern eine Attestlehre zu beginnen. Nachdem der Beschwerdeführer nach Beendigung der obligatorischen Schulzeit keine Ausbildungsstelle gefunden hat und von einem Programm für arbeitslose Jugendliche wegen seines deliktischen Verhaltens wieder ausgeschlossen wurde, eröffnen ihm diese Möglichkeiten, die in der Jugendstätte geboten werden, eine positive Perspektive.
Die weiteren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente ändern an dieser Einschätzung nichts. So ist nicht ersichtlich, weshalb der Heimaufenthalt seine Fähigkeit zur Eigeninitiative gefährden könnte. Auch dass die Massnahme für eine 18 1/2 Jahre alte Person ungeeignet sein sollte, ist nicht ersichtlich. Aus Art. 19 Abs. 2 JStG geht hervor, dass die vom Gesetz vorgesehenen Massnahmen bis zur Vollendung des 22. Altersjahrs dauern können. Wenn der Beschwerdeführer schliesslich fordert, die Massnahme müsse eine Beziehung zur Anlasstat haben, so übersieht er, dass sich die Massnahme nicht einfach nach der Anlasstat richtet, sondern einem Bedürfnis nach einer besonderen erzieherischen Betreuung begegnen soll (Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 JStG) [E. 2.3]

Gut möglich, dass der Freiheitsentzug geeignet ist, aber ist er auch notwendig und verhältnismässig im engeren Sinn (Art. 36 Abs. 3 BV)? Dazu das Bundesgericht:

Die stationäre Unterbringung in einer offenen Einrichtung erweist sich dagegen als geeignet und notwendig. Den Ergebnissen der Standortbestimmung vom 11. Januar 2012 in der Beobachtungsstation der Pestalozzi-Jugendstätte Burghof ist zu entnehmen, die psychiatrische Abklärung habe ergeben, dass ohne eine solche Massnahme ein erhöhtes Rückfallrisiko bestehe. Im Schlussbericht vom 10. Februar 2012 wird ausgeführt, dass unter anderem die fehlende Unterstützung durch die Eltern ein heiminternes Wohnen nahelege. Die Einsicht des Beschwerdeführers in sein deliktisches Verhalten wird als sehr tief beschrieben und es werden Defizite in der Eigenwahrnehmung und der Eigenverantwortung festgestellt (E. 2.3).

Und was genau hat der junge Mann denn verbrochen?

Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer seit 2004 mehrfach straffällig geworden ist. Am 9. September 2010 ist er mit Strafverfügung unter anderem wegen Entwendung eines Autos zum Gebrauch und Fahren ohne Führerausweis zu einem bedingten Freiheitsentzug von 10 Tagen verurteilt worden. Die Probezeit wurde auf ein Jahr festgelegt und während deren Dauer eine Bewährungshilfe durch den Sozialdienst der Jugendanwaltschaft angeordnet. Die Bewährungshilfe erwies sich, abgesehen vom Erlangen einer Anstellung bei McDonald’s, offenbar als schwierig. Der angefochtene Entscheid nennt in dieser Hinsicht verpasste Termine, falsche Angaben über ausgeführte Aufgaben, Abbrüche von Engagements und die fehlende Fähigkeit der Eltern, auf den Beschwerdeführer einzuwirken. Dem Beschwerdeführer wird zudem vorgeworfen, noch während der Probezeit und der damit verbundenen Bewährungshilfe ein Auto entwendet und damit in angetrunkenem Zustand herumgefahren zu sein. Dem Bericht zur Alkoholbestimmung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern vom 15. März 2011 lässt sich eine rückgerechnete Blutalkoholkonzentration von zwischen 1.54 und 1.97 Gewichtspromille entnehmen (E. 2.3).

Ab ins Heim!