Absoluter Konfrontationsanspruch nun doch eher relativ?
Der Konfrontationsanspruch ist nur grundsätzlich absolut, nämlich nur dann, wenn der belastenden Aussage alleinige oder ausschlaggebende Bedeutung zukommt, diese also den einzigen oder einen wesentlichen Beweis darstellt. Sind die entsprechenden Beweise nur „ergänzende Beweismittel“, besteht kein Konfrontationsrecht (BGer 6B_729/2014 vom 24.04.2015).
Mit dieser Begründung bestätigt das Bundesgericht ein Urteil des Obergerichts AG:
Die Vorinstanz kommt unter Berufung auf diese Rechtsprechung zum Ergebnis, dass die Aussagen der Polizeibeamten auch ohne direkte Konfrontation als ergänzende Beweismittel herangezogen werden dürfen, weil ihnen keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Die Fotos sowie die Aussagen des Beschwerdeführers reichten aus, um den angeklagten Sachverhalt zu erstellen. Unter diesen Umständen könne von der Befragung der Polizeibeamten abgesehen werden (E. 2.3).
Da fragt mach sich unweigerlich, wieso die Aussagen der Poizeibeamten denn überhaupt herangezogen werden musste. Das Bundesgericht beantwortet die Frage so:
Die Angaben der Polizeibeamten dienten lediglich dazu, das Beweisergebnis zu stützen, und stellen allenfalls ein ergänzendes Beweismittel dar (E. 2.4).
Was wäre, wenn die Aussagen das (offenbar vorbestehende?) Beweisergebnis nicht gestützt hätten? Ich frage mich, ob die Begründung mit den ergänzenden Beweismitteln logisch vertretbar ist.
Polizisten, die unter freier Zeiteinteilung und Aufbietung allergrösster Selbstlosigkeit nach dem Zufallsprinzip den Verkehr zu unserem Schutze überwachen, sind nicht zufällig immer zu zweit unterwegs. Damit leisten sie in Fällen von waghalsigem Widerspruch auch numerische Überzeugungsarbeit. Ist ein Video so geschnitten, dass die Verkehrsübertretung für wahr gehalten werden kann, so sei ihnen im Interesse der Wahrheitsfindung auch die weitere Unterstreichung ihrer zweifelsfreien Beobachtungen erlaubt. Da hat der numerisch unterlegene, und schon deshalb zurecht Gebüsste selbstverständlich keinen Stich.
Da scheint Herr Salinger ein persönliches und ihn frustrierendes Erlebnis zu verarbeiten. Tatsache ist, dass Polizeibeamte (wie auch andere Justizbeamte)vereidigt werden sowie Falschaussagen und Fehlrapportierungen ihnen den Job kosten können oder zumindest schwere disziplinarrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Dies im Gegensatz zu anderen „Playern“ im Strafverfahren, die sanktionslos haltlose Behauptungen aufstellen und lügen dürfen.
Wieso denn gleich persönlich werden, wenn die Träger des staatlichen Gewaltmonopols kritisiert werden, die als solche nun mal anderen Massstäben gerecht werden müssen? Und übrigens, Polizeibeamte, also die Guten, sind zum Glück keine Justizbeamte. Und unfehlbar sind sie m.W. auch nicht. Und die anderen, die Bösen, dürfen auch nicht machen was sie wollen. Und sanktionslos schon gar nicht.
Ergänzen könnte man noch: Eine Vereidigung von Zeugen/Auskunftspersonen gibt es in der Schweiz auch nicht. Ein Eid ist ein religiöses Institut und hat in einem Rechtssystem, dass für alle Bürger gilt, nichts verloren. Hier ist die Schweiz bei der Trennung von Religion und Staat ausnahmsweise einmal vorbildlich.