Achtung, mailende Richter!
In Basel soll eine Frau ihren Konkubinatspartner B. zu töten versucht haben. In der anschliessenden Strafuntersuchung hatte der damals anwaltlich vertretene B. mehrfach das Desinteresse erklärt. Im Hauptverfahren hatte der zuständige Gerichtspräsident seine Bedenken und schrieb B. folgendes E-Mail:
“Die unterzeichneten Desinteresseerklärungen von Ihnen hat die Staatsanwaltschaft zwar zur Kenntnis genommen, aber angesichts des Vorgefallenen schliesslich nicht akzeptieren können. Versuchte Tötung ist ein schwerwiegendes Offizialdelikt, bei denen die Parteien nur eingeschränkt über das Strafverfahren selber bestimmen können. Bei dieser Ausgangslage muss es folglich zu einer Gerichtsverhandlung kommen, in welchem die Tatumstände genau angeschaut werden müssen. Ich bin daher der Ansicht, dass auch Sie als Zeuge/Opfer zu Wort kommen sollten, zumal Sie und die Beschuldigte, was die Tatumstände anbelangt, verschiedene Aussagen gemacht haben, und sie beide noch nie konfrontiert wurden. Ich beabsichtige deshalb, Sie als Zeuge zur Gerichtsverhandlung vorzuladen.
Nun haben Sie mehrmals Ihr Desinteresse bekundet, aus welchem ich aber eine gewisse Ambivalenz spüre (zumal Sie sich am 27.04.22 von sich aus wieder bei der zuständigen Staat[s]anwältin gemeldet haben und diverse Fragen über das Verfahren stellten). Dies obwohl Sie am 23. Februar 2022 eine vom Anwalt der Beschuldigten vorgefertigte Erklärung unterzeichnet haben, wonach sie mit dem Strafverfahren nichts mehr zu tun haben wollen. Gleichzeitig erklärten Sie, dass Sie im Falle einer allfälligen künftigen Befragung die Aussagen konsequent verweigern würden.
Nun hat sich die Situation insofern verändert, als tatsächlich Anklage erhoben wurde und der Vorfall zwingend gerichtlich aufgearbeitet werden muss. Aufgrund ihres ambivalenten Verhaltens und dieser neuen Situation frage ich mich, ob Sie daran festhalten, die Aussagen zu verweigern, was ich faktisch nicht verhindern könnte. Ich wäre froh, wenn Sie mir Bescheid geben könnten, wie Sie darüber denken. Sie sind nicht verpflichtet, an Ihrer Erklärung festzuhalten. Es würde mir bei der Planung der Verhandlung aber helfen.
Zu Ihrer Information: Als Opfer haben Sie selbstverständlich das Recht, nur indirekt mit der Beschuldigten konfrontiert zu werden. D.h. Sie müssten nicht im selben Raum wie die Beschuldigte aussagen. Die Beschuldigte würde Sie nur über Video/Audio sehen und hören. Wenn Sie dies wünschen, bitte ich Sie mir Bescheid zu geben. Sie können sich diesbezüglich auch bei der Opferberatungsstelle kostenlos beraten lassen” (E. 4.3.1).
Das E-Mail wurde den Parteien nur indirekt zur Kenntnis gebracht, indem es in den umfangreichen Akten abgelegt wurde. Der Anwalt der Beschuldigten hat es natürlich entdeckt und ein Ausstandsbegehren eingereicht.
Wer wissen will, wie es ausging: BGer 7B_913/2023 vom 26.08.2024.
Ich verstehe nicht, dass sowas vom Bundesgericht noch durchgewunken wird… wieso haben wir eigentlich Verfahrensregeln, wenn die Gerichte sie nie anwenden?
Welche Verfahrensregel hat der mailende Richter hier verletzt?
Was soll an der Nachricht denn ausstandsrelevant sein? Ernste Frage.
“Die Beschwerdeführerin begründet ihr Gesuch primär mit der E-Mail des Beschwerdegegners an B.________ vom 1. November 2022. Sie kritisiert, es handle sich dabei um eine informelle Kontaktnahme ohne Rechtsbelehrung oder auch sonstige formelle Hinweise, was im Strafverfahren unzulässig sei. Die Anfrage hätte in Form der Verfügung erfolgen und den Parteien separat zugestellt werden müssen und nicht mit der Masse der gesamten Verfahrensakten. So habe die erhebliche Wahrscheinlichkeit bestanden, dass die Verteidigung die E-Mail zu spät entdecke. Sodann übe der Beschwerdegegner als Instruktionsrichter mit dieser E-Mail in unzulässiger Weise Einfluss auf den Zeugen B.________ aus. Er habe von diesem eine Antwort erwartet, ohne ihn überhaupt nur ansatzweise gemäss StPO belehrt zu haben. Insbesondere indem er die unwahre Behauptung aufstelle, dass sich die Situation durch die Anklageerhebung geändert habe, die Sache nun zwingend gerichtlich aufgearbeitet werden müsse und der Zeuge an seine in der Untersuchung abgegebene Desinteresseerklärung nicht gebunden sei, erwecke er den Anschein der Befangenheit. So verlasse er mit dieser informellen Kontaktaufnahme mit einem Zeugen die Rolle des korrekten Richters und schlüpfe in diejenige des Staatsanwalts. Zudem habe er mit den unwahren und irreführenden Angaben eine Täuschung im Sinne von Art. 140 Abs. 1 StPO vorgenommen, was ebenfalls den Anschein der Befangenheit begründe. “
@Borel
Der Richter kannte das Urteil, bevor die Verhandlung begann: Die Verhandlung war somit reine Show.
Fairerweise muss man sagen, ist es immer so. Innert 30 Millisekunden entscheidet ein Richter (unterbewusst), ob du schuldig bist, oder nicht.
Wenn ein Richter dich nicht sympatisch findet, dann wird ihn selbst dein Atmen stören.
@Th. Borel: rein gar nichts natürlich…reine Polemik…
E.4.3.2 des BGE: “Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern gegebenenfalls ein besonders krasser Formfehler vorläge, der einer schweren Amtspflichtverletzung des Beschwerdegegners gleichkäme und sich einseitig zulasten der Beschwerdeführerin ausgewirkt hätte. Solches ist auch nicht offensichtlich, zumal die E-Mail (und das Antwortschreiben von B.________) ohne Weiteres zu den Akten genommen wurde.”
Aha, eine unzulässige amtliche Prozesshandlung (E-Mail des Richters an einen Zeugen mit rechtserheblichem Inhalt, welche die StPO nicht enthält und damit nicht erlaubt, vgl. Art. 2 Abs. 2 StPO), ist also kein “besonders krasser Formfehler”.
Dann sind zukünftig all diese lästigen Gerichtsverhandlungen, förmlichen Befragungen und dergleichen verzichtbar. Kostensparender und einfacher wäre es, etwa bei Kaffee und Kuchen oder einem Bier, ohne Protokoll, beim Kartenspiel mit den Verfahrensbeteiligten zu plaudern und Urteile zu würfeln statt in den Formen des Rechts zu fällen.
Werden auch Beschuldigte/Angeklagte in den Genuss dieser kreativen Auffassung eines rechtsstaatlichen Verfahrens der Bundesrichter Abrecht, Kölz und Bundesrichterin Koch kommen?
Das ist ja schrecklich. Leider konnte ich die Erwägung nicht finden, wonach beim Kaffee, Kuchen oder Bier ausserhalb des Protokolls um das Urteil gespielt wird. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir die Fundstelle angeben können.
Sie interpretieren Inhalte in meinen Kommentar hinein, die so nicht darin enthalten sind. Das erweckt den Eindruck bei mir, dass Sie den beschriebenen Rechtsverstoss durch die Bundesrichter und den Gerichtspräsidenten der Vorinstanz kleinreden.
Ist es also für Sie rechtsstaatlich unbedenklich, dass das Bundesgericht mit diesem Entscheid den Vorinstanzen einen Freibrief für rechtswidrige Prozesshandlungen erteilt?
Dessen Botschaft ist doch klar: Macht was ihr wollt, wir decken euch.
Auf diese Weise demontiert das Bundesgericht kontinuierlich und bewusst die Rechtsstaatlichkeit von Strafverfahren. Wenn man das konsequent weiter denkt, steht am Ende eine Willkür-Justiz in Reinform, wie man sie aus autoritären Staaten kennt. Das ist verfassungswidrig und demokratiefeindlich – orchestriert vom höchsten innerstaatlichen Gericht.
Deshalb kann es – aus rechtsstaatlicher Sicht – kein Pardon dafür geben. Bedenklich genug, dass bewusst rechtswidriges Verhalten von Justizpersonen kaum einmal disziplinarische, berufliche und schon gar keine zivil- und strafrechtlichen Folgen für sie hat.
(Bin der Anon von 9:06)
Das Problem ist, Verfahrensfehler – krass oder auch nicht – sind kein Ausstandsgrund. Art 56 Abs f StPO:”aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte.”
Verfahrensfehler können auf Befangenheit hinweisen (wie Beweise zu Täterschaft) aber nicht immer.
Nach diesem wegweisenden Bundesgerichtsentscheid sollte man auch alle Lehrbücher umschreiben, die pedantisch behaupten: “Die Bindung des Richters an das Gesetz ist ein tragender Bestandteil des Gewaltenteilungsgrundsatzes und damit der Rechtsstaatlichkeit.”
Mit solch einer mittelalterlichen Auffassung sollte man nun wirklich weder StudtentInnen noch RichterInnnen weiter belästigen.
Sie haben es auf den Punkt gebracht. Der Bundesgerichtsentscheid kann nur so verstanden werden: Jeder Verlag ist per sofort dazu verpflichtet, die von Ihnen erwähnte (und treffenderweise als mittelalterlich bezeichnete) Aussage aus allen Lehrbüchern zu streichen.
@Haginrich der Kühne: Clownwelt – dein Name (Kühn) passt gut hinein. Bring das nächste Mal ein Argument, anstatt drei Sätze zu schreiben, die rein gar nichts Produktives beitragen. Verschwende weder unsere noch deine Zeit.
Damit du es besser verstehst: Mit “mittelalterlich” meinte @Henry eindeutig, dass die Auffassung, Richter seien an das Gesetz gebunden, veraltet ist.
Vielleicht steckt sogar ein Hauch Sarkasmus darin, nach dem Motto: “Im Mittelalter verhielten sich die Richter weniger willkürlich.“ oder so ähnlich.
Für jedes “rechtsstaatliche Urteil” (was auch immer das sein soll), das du vorweisen kannst, können wir dir 100+ Urteile zeigen, bei denen die Richter das Gesetz – wortwörtlich – ignoriert haben. Die BERGE AN DATEN, die wir gesammelt haben, sprechen eine eindeutige Sprache.
@Laie: Befindet sich in deinem über 100 Urteile umfassenden Datenberg auch dasjenige, welches erwägt, dass beim Kaffee, Kuchen oder Bier ausserhalb des Protokolls um das Urteil gespielt wird. Henry meinte, es gäbe sowas. Er konnte die Erwägung aber nicht mehr finden.
@Kühne bzw. Dishonest intellectual fraud:
@Henry hat folgendes geschrieben:
Und du stellst die unehrliche Frage dazu:
Fazit:
Die unehrliche Frage von @Kühne bzw. Dishonest intellectual fraud zielt darauf ab, @Henry’s Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen, indem sie insinuiert, er habe eine Behauptung aufgestellt, die er nicht belegen kann. Dabei wird die ursprüngliche Aussage von Henry, die sich auf eine hypothetische, kostensparende Alternative zum formellen Rechtsverfahren bezog, bewusst missinterpretiert und als tatsächliche Anschuldigung gegen die Justiz dargestellt.
Diese Art der Argumentation ist irreführend und manipulativ. Sie lenkt von der eigentlichen Diskussion ab und versucht, den Diskurs durch persönliche Angriffe zu untergraben. Es ist wichtig, solche Taktiken zu erkennen und ihnen nicht auf den Leim zu gehen.
Dachtest du ernsthaft, dass irgendjemand auf deine kühnen Falschbemerkungen reinfällt? Du argumentierst hier mit alternativen Fakten. Dass du glaubst, dass wir auf diesen zweistelligen IQ Bullshit reinfallen, sagt mehr über dich aus, als du zu begreifen vermagst.
@Haginrich, Ihr Kommentar (unten 24/09/2024 um 17:58 Uhr; ich antworte hier, weil unten keine Antwortfunktion aktiviert ist):
“Henry meinte, es gäbe sowas. Er konnte die Erwägung aber nicht mehr finden.”
Sie provozieren offenbar absichtlich. Kühn unterstellen Sie mir Behauptungen, die ich so nicht geschrieben habe. Obwohl aus Ihrer jeweiligen Wortwahl zu schliessen ist, dass Sie verstehen, was Sie lesen.
Aber da Sie nun zweimal belegt haben, aktenwidrig argumentieren zu können (um im Fachjargon zu bleiben), qualifiziert Sie bereits diese Eigenschaft für ein Richteramt. Ich werde bei Gelegenheit ein gutes Wort für Sie einlegen – falls überhaupt nötig. Vielleicht bekleiden Sie schon eine solche oder ähnliche Position in unserer vorbildlichen Justiz.
Des Gewaltenteilungsgrunfsatzes haha, eine einem Staat wo über 90% der Verfahren von Ankläger entschieden werden und man Offerten Befehle nennt so das jeder durchschnittlich intelligente Bürger sofort versteht das hat Dreck am Stecken.
Und wieder einmal hat das Bundesgericht seine Aufgabe nicht wahrgenommen.
Wenn diese Email aus rein organisatorischen Gründen verfasst wurde, dann hätte der Wortlaut nie und nimmer “ich bin daher der Ansicht” beinhalten dürfen. Diese Meinungsäusserung verletzt die Verfahrensneutralität und Unparteilichkeit. Das persönliche empfinden des Strafgerichtspräsidenten hat in dieser Email nichts zu suchen. Es ist eine Beeinflussung des Zeugen.
Wenn ich das richtig verstehe, musste er den Zeugen bzw. das Opfer sogar zu Wort kommen lassen da diese „noch nie konfrontiert“ wurden. Es wird ebenfalls gesagt, dass das Aussageverhalten des Zeugen ambivalent gewesen ist. Daher gehe ich davon aus, dass er belastende Aussagen gemacht hat. Da die Staatsanwaltschaft diese verwenden will, muss wohl eine Konfrontation stattfinden. Ebenfalls spricht für mich nichts dagegen, dies gegenüber einem juristischen Laien in Umgangssprache auszudrücken. Klar kann man kritisieren, dies nicht aktiver kommuniziert zu haben. Allerdings sehe ich in diesem E-Mail nichts, was den Anschein von Befangenheit erweckt.
Was ich hingegen nicht verstehe ist die Tatsache, warum nie eine Konfrontationseinvernahme durchgeführt wurde. Es dürfte sowohl der Staatsanwaltschaft wie auch der Verteidigung klar gewesen sein, dass bei einem Tötungsdelikt eine Desinteresseerklärungen keine Wirkung erzielen wird.
@hm Zeugen werden entsprechend ihrem Belastungspotenzial vorgeladen, weshalb Entlastungszeugen oft gar nicht erst eingeladen werden. Der Richter ist (oder war) verpflichtet, die Beweise fair zu prüfen, aber er ist nicht verpflichtet, sie gerecht zu erheben.
Manchmal gehen Akten verloren, und wenn Sie keinen Stempel haben, um den Empfang nachzuweisen: Oups, tut mir leid, können Sie nicht belegen, dass wir etwas erhalten haben.
Hier übrigens die äusserst professionelle Zusammenfassung des Urteils:
https://i.imgur.com/8wL8XtX.png
@Laie
Der Richter ist sehr wohl verpflichtet, Beweise gerecht (rechtskonform) zu erheben. Nur die Praxis sieht anders aus. Das Problem entsteht bereits bei der Polizei, denn dort wird das “Drehbuch” geschrieben. Zeugen werden mit Suggestivfragen in die gewünschte Richtung gelenkt. Wenn das mal nicht gelingt, dann wird der Zeuge eben EMRK-widrig im weiteren Verfahren nicht geladen. Eine weitere Form der Manipulation ist es, den Polizeibericht erst nach den Zeugenbefragungen zu schreiben und so “passend” zu machen.
In der Hauptverhandlung ist es dann “ständige Gerichtspraxis”, dass man sein höchstpersönliches Recht auf Konfrontation nicht selbst oder garnicht ausüben darf. Überführt man einen Polizeizeugen der Lüge, wird die Konfrontation kuzerhand abgebrochen und das schriftliche Protokoll der Hauptverhandlung “korrigiert” (Urkundenfälschung im Amt). Auch das Obergericht lädt die Zeugen dann nur nach ihrem Belastungseifer, ignoriert das gesetzliche Beweisverwertungsverbot und macht den Deckel zu.
Was man gedanklich in Somalia verortet ist so tatsächlich in der Schweiz geschehen. Erschreckend ist, dass alle beteiligten Instanzen nicht einmal versuchen, den Anschein von Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Es herrscht offen gelebte Rechtswidrigkeit und die Staatsanwaltschaft ermittelt natürlich nicht gegen die “eigenen Leute” mit denen sie jeden Tag zusammenarbeitet. Es ist ein geschlossenes, korruptes System, dass sich selbst schützt. Wenn der Staat seine eigenen Regeln missachtet, dann stellt sich die Frage, warum es sie überhaupt gibt. Ermächtigen wir doch einfach die Polizei, Strafbefehle auszufällen, die sofort in Rechtskraft erwachsen. Das Ergebnis ist das gleiche und alle Beteiligten haben viel Geld und Zeit gespart.
Der Richter erhebt überhaupt keine Beweise, die Anklage erhebt Beweise die Verteidigung kann Beweisergänzungsanträge stellen, das ist in sich in Misskonstrukt, der Ankläger will Anklagen naturgemäss hat er wenig interesse and Entlastungsbeweisen, oder Ergänzungsanträgen die im die Suppe versalzen können. Menschen wollen ihre Zeit mit sinnvollen Tätigkeiten verbringen, Untersuchen um einzustellen ist für die meisten Ankläger eben keine Sinnvolle Tätigkeit sondern Zeitverschwendung.
Der Entscheid des BG war genau richtig – es kann gar nicht zu einem anderen Schluss kommen.
….wirklich sehr schade, dass ein interessanter juristischer Austausch/Schlagabtausch (wie früher) auf diesem blog (fast) nicht mehr möglich ist. bzw. stattfindet. Viele Kenner der Materie (und zwar nicht nur Anwälte) melden sich offenbar erst gar nicht mehr. Das Niveau der Kommentare ist beträchtlich gesunken. Habe das Gefühl, befinde mich hier in der Kommentatspalte bei einem Boulevardartikel. Und dass, nachdem die Zusammenfassungen zu den Urteilen und die jeweiligen Anregungen von kj jeweils sehr interessant sind (man muss seine Meinung ja nicht zwingend teilen). Es tummeln sich zu viele Nicht-Juristen und – noch schlimmer – Verschwörungstheoretiker auf dieser Plattform. Aber das widerspiegelt ja die heute Gesellschaft. So ist es halt.
@Anonymous: Nur Bubble wäre aber auch nicht wünschenswert, oder?
@ks: besser als aktuell…
1. Lassen Sie uns doch grosszügigerweise an Ihrem “Niveau” teilhaben, damit wir alle davon profitieren können.
2. Ich finde es gewagt und abwertend, dass Sie Kommentatoren pauschal (Sie benennen ja niemanden konkret) als “Verschwörungstheoretiker” bezeichnen. Manche Stellungnahme hier weist klar darauf hin, dass die Verfasser sich von der Justiz rechtswidrig behandelt fühlen (und dies teilweise auch verständlich beschreiben), und vielleicht kein anderes geeignetes Forum finden, um sich zu artikulieren. Ziehen Sie diese Möglichkeit nicht in Betracht? Oder ist dies aus Ihrer Sicht unangebracht, nur weil sie keine Juristen sind. Denken Sie so elitär?
Dass nicht jeder (allfällig) Betroffene sich rechtlich und sprachlich geschliffen ausdrücken kann, wertet seine (unbeholfene, emotionale) Äusserung sogleich ab?
3. Zu den angeblichen Verschwörungstheoretikern: Bereits all die (teilweise fragwürdigen) BGE, die KJ hier bespricht und kommentiert (vielen Dank an dieser Stelle dafür!), weisen auf schwerwiegende Missstände in der Rechtsprechung hin, welche diese Bezeichnung oft nicht verdient. Hinzu kommt, das Bundesgericht redet viele Verstösse nicht nur klein und schön, sondern setzt die Latte oft so hoch, dass es Ausstandsbegehren und andere begründete Anträge (die ein faires Verfahren einfordern), mühelos abweisen kann. Mit Hinweis auf die eigene Praxis, die den Kerngehalt von Verfahrensgarantien aushöhlt, weil man kaum einmal Recht bekommt.
Ich möchte sehen, wie Sie reagieren würden, wären SIE persönlich von einem Rechtsverstoss durch ein Gericht/die Polizei/Justiz betroffen – mit drastischen Folgen für Ihr Leben.
Ausserdem wird – IMHO – nur die Spitze des Eisbergs öffentlich. Ich wage zu behaupten, Sie wären schockiert, wenn Sie/wir wüssten, was die Justiz sich zuweilen erlaubt. Belegbar. Es ist eben keine Verschwörungstheorie, dass die Justiz sich (meistens) gegenseitig deckt. Wie selten wird denn eine Justizperson strafrechtlich verurteilt, aufgrund ihrer Amtsausübung?
Je krasser die Verstösse, je mehr Beteiligte, desto konsequenter die Vertuschung, das Verschweigen. Umso wichtiger ist die Veröffentlichung.
Danke, wenigstens empfindest du die Laien als weniger schlimm als die Verschwörungstheoretiker (auch wenn ich hier noch keine derartigen Kommentare gelesen habe, glaube ich dir mal. Laut deiner eigenen Aussage bist du ja ein alteingesessenes Mitglied).
Übe dich in Selbstreflexion: Du hast selbst nichts zum Thema (dem Artikel) beigetragen. Du hättest deinen Kommentar genauso gut per E-Mail an KJ senden können. Aber es ging dir nicht (nur) um deine allgemeine – nichts zur Sache beitragende – Kritik. Du wolltest uns vielmehr mitteilen, dass du dich für etwas Besseres hältst.
Wie sollen wir überhaupt deine Kritik umsetzen? Sollen wir unseren IQ vergrössern? Du hast ja nicht einmal konkret benannt, was dich stört. Deine Aussagen sind sehr allgemein und liefern keine konkreten Beispiele für den angeblichen “Niveauverlust”.
Bisher habe ich von dir auch nichts “juristisch Niveauvolles” oder “Kenner der Materie”-artiges widerspiegelndes gelesen.
Wir “Justizgeschädigten” sind ebenfalls “Kenner der Materie”, jedoch auf eine ganz andere Weise. Wir haben natürlich nicht die gleichen juristischen Kenntnisse, aber das behauptet auch niemand (mein Name ist übrigens “Laie”). Wir sind Nutzer des Rechts (Rechtssuchende) und schildern unsere Nutzererfahrungen – etwa wie man bei McDonald’s einen QR-Code scannt und seine Erfahrungen teilt, oder wenn Webseiten um Feedback bitten.
Solltest du jemals selbst zum Beschuldigten werden – was ich dir natürlich nicht wünsche – wirst du die “niveauvollen Juristen” selbst kennenlernen. Aufgrund deiner Aussage “man muss seine [KJ] Meinung ja nicht zwingend teilen” vermute ich jedoch, dass du eher auf der “Gegnerseite” von KJ stehst, also was auch immer der “Gegner” eines Strafverteidigers sein mag: Staatsanwalt, Richter, Jurist im Staatsdienst, etc. Daher gehe ich stark davon aus, dass du einer Anzeige entspannt entgegensiehst.
Was mich bei den meisten publizierten Urteilen stört, ist, dass es dem Gericht mehr darauf ankommt, WIE etwas gesagt wird, anstatt WAS gesagt wird.
Und ganz ehrlich: Ich muss mich nicht “niveauvoll” verhalten, wenn es nicht einmal das höchste Gericht tut! Das ist zusammengefasst das Echo des Urteils… das einzige was die unteren Gerichte umsetzen werden. Aber das widerspiegelt ja die heute Gesellschaft. So ist es halt. Anstatt konstruktive Lösungsansätze zu formulieren, wird der Status quo einfach hingenommen.
@Anonymous
Was sie hier abschätzig als «Verschwöhrungstheorien» bezeichnen, sind Erlebnisberichte von Menschen, denen staatliches Unrecht angetan wurde. Das ist belastend, bisweilen traumatisierend und oft mit einschneidenen Folgen für das Leben der Betroffenen verbunden.
Man kann ihnen nur wünschen, dass sie das selbst einmal erleben. Das Risiko ist hoch, leben wir doch in einer Zeit mit einer beispiellosen Zahl an Gesetzen und Verordnungen auf allen Ebenen. Die meisten Menschen kennen schon ihre Bürgerrechte nicht, geschweige denn, was alles verboten ist. Hinzu kommen Normen, deren Einhaltung bisweilen sogar objektiv unmöglich ist, ein Strafverfahren also nur vom Zufall abhängt.
Wenn ihnen dann «nach ständiger Gerichtspraxis» systematisch elementare Verfahrensrechte verweigert, das Sitzungsprotokoll um die entlastenden Zeugenaussagen «bereinigt» wurde und sie ihr Urteil in Händen halten, dann werden sie vielleicht sensibler und fangen an sich Fragen zu stellen.
Warum durfte ich den Zeugen nicht konfrontieren? Warum wurde die Konfrontation des Polizisten abgebrochen, just als ich ihn einer Lüge überführt habe? Steht das im Protokoll? Wenn ein Richter schon für die Verurteilung eines folgenlosen, abstrakten Gefährdungsdeliktes bereit ist, ein Verbrechen zu begehen, wozu ist er dann fähig wenn es um einen persönlichen oder materiellen Vorteil geht? Warum schreibt der Gerichtsreporter nichts über die Verletzung der Verfahrensrechte und dass der Richter mich permanent unterbrochen und angeschrien hat? Warum sind alle seine Artikel inhaltlich immer gleich? Warum weiss der Richter nichts über Aussagepsychologie? Werden Richter eigentlich regelmässig psychologisch beurteilt? Warum wurde mein belangloser Bagatellfall in jeder Instanz von der/den ranghöchsten Person/en behandelt? Warum läuft das bei anderen, schweren Delikten alles ganz anders? Wieviele Verurteilte sind wohl tstsächlich unschuldig? Und was ist «politische Justiz»?
Wie kann ich mit anderen Betroffenen sprechen?
Anschliessend wird sich ihr Weltbild und ihr Wertegefüge grundlegend verschieben, denn alles was sie in mehreren Jahrzehnten über die Integrität staatlicher Stellen, insbesondere von Polizei und Justiz gelernt haben, ist nun als falsch widerlegt. Die Staatsanwalstchaft lacht sie aus und stellt das Verfahren ein.
Sie erkennen dann systematische staatliche Rechtsverletzungen im Alltag, wie z.B. die Verweigerung der Akteneinsicht im Ordnungsbussenverfahren oder dass Strafbefehle «auf gut Glück» ohne Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen erlassen werden. Und dann werden sie mangels eines entsprechenden Internetforums hier in den Kommentaren wieder auftauchen.
Ja die StaatsNICHTanwälte möchten sich halt nur etwas Bauchpinselm und selbstverherrlichen, der gemeine Pöbel, der Bürger der unter ihren Wiederrechlichkeiten leidet, ja die Sau soll bitte ruhig sein in der Eimvernahme getraut sich ihnen ja auch niemand ihre inkopetenz an den latz zu knallen. Erstaunt nicht. Kommentarspaltem von Zeiten würden übrigens 3/4 der Kommentare nicht veröffentlichen, weil Bubble, eventuell fühlen Sie sich da dann wohler……mit unter die dümmsten Kommentare kommen ja vom Anon dem es am schluss zu peinlich ist zu seinen eigenen Voten zu stehen….
…….es ist doch relativ simpel: ich war bislang der Meinung, dass es hier um einen fachlichen Austausch von verschiedenen Personen geht, die sich in der Materie „Strafprozess“
auskennen, augrund ihrer jeweiligen Funktionen. Jedenfalls war es jahrelang so. Es gibt ja Tausende anderee Blogs, wo sich sich die mutmasslichen Justizopfer untereinander austauschen können. Das ist eine ganz nüchterne Betrachtung. Aber sollte dies jetzt von kj so gewünscht sein, auch gut natürlich. Wirklich. Jeder ist ja frei, diesen blog zu konsultieren oder eben – wie ich ab sofort – nicht mehr.
@Anonymous: Also, “Tausende anderee” Blogs, auf denen sich mutmassliche Justizopfer austauschen können… Dann nenne doch mal eine Handvoll/fünf davon, und ich verspreche dir, ich bin dann weg!
Bitte geh nicht. Stell dir mal vor, wie dieser Blog ohne dich aussehen würde… Wir brauchen dich dringend! Wer soll uns denn sonst anonym kritisieren, wenn nicht du?
Hörst du dir eigentlich selbst zu? Du hältst dich ja wirklich für etwas Besseres… Soll der KJ uns von nun an zensieren? So etwas kann doch nur von jemandem kommen, der über die vom KJ vertretenen Verfahren entscheidet…
Nochmal: Selbstreflektion! Was für sonstige Menschen treten maskiert (anonym) auf und heben den Zeigefinger? We are not the same. Deine Antworten sind sogar in der dritten Person und nicht einmal direkt: So sehr versteckst du dich.
Aus aktuellem Anlass publiziere ich hier die Beschwerde vom 20. November 2023:
https://www.basleradvokatinnen.ch/team/andreas-noll/Download-Kolleg-innen.html
Herzlich, Andreas Noll
@Andreas Noll: Besten Dank für die von Ihnen geschaffene Transparenz!
Die Bundesrichter Abrecht, Koch und Kölz sind m.E. damit entlarvt. Indem es Ihre zahlreichen, präzise begründeten Rügen in den Ziffern 15-16, 18-34 Ihrer Beschwerde vom 20. November 2023 pauschal – und wahrheitswidrig darstellend – abweist (E.4.3.2): “Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern gegebenenfalls ein besonders krasser Formfehler vorläge, der einer schweren Amtspflichtverletzung des Beschwerdegegners gleichkäme und sich einseitig zulasten der Beschwerdeführerin ausgewirkt hätte.”
Diese Methode wendet das Bundesgericht übrigens vielfach an, um begründete Rügen der Öffentlichkeit zu verschweigen, damit diese nicht erkennen kann, dass der abweisende Entscheid des Bundesgerichts rechtswidrig ist. Und so schützt das Bundesgericht auch die bewusst rechtswidrig handelnden und urteilenden Vorinstanzen.
Bewusst und nicht etwa versehentlich, weil Richter i.d.R. hochqualifizierte Juristen mit jahrelanger Erfahrung sind (vor allem am Bundesgericht) und die gerügten Verfahrensgarantien täglich anwenden (müssen), das Recht vorzüglich beherrschen.
Und weil sich zukünftig auch Vorinstanzen auf solche BGE – als ständige Praxis – berufen können, wird damit nicht nur die Beschwerdeführerin ihrer Verfahrensgarantien beraubt, diesbezüglich entrechtet, sondern auch alle anderen, welche die Verletzung einer hier beurteilten Verfahrensgarantie in vergleichbarer Sachlage geltend machen (wollen). Unter Federführung des Bundesgerichts erodiert damit die Rechtsstaatlichkeit von (Straf-)Verfahren und nähert sich zunehmend einer Propagandalüge an.
Schade, dass man die Namen der kantonalen Verantwortlichen dieses Rechtsverstosses nicht erfährt (Präsident des Strafgerichts und Spruchkörper des Appellationsgerichts Basel-Stadt).
Habe ich übersehen. Dominik Kiener heisst der Präsident des Strafgerichts Basel-Stadt, wie der BGE eingangs verrät.
Ich ziehe den Entscheid an den EGMR weiter
Welche Rechte deinerseits werden verletzt?
Du brauchst einen gravierenden realen (= nicht unbedingt rechtlichen) Nachteil. Nur weil die EKMR nicht vollständig eingehalten wurde, wird das EGMR keine Verletzung der EKMR feststellen wollen.
Lies dir dazu die Entstehungsgeschichte des 14ten Protokoll/Änderungsprotokoll zum EMRK. Die Schweiz hat diese Gespräche gefördert als Host. Dieses Änderungsprotokoll wurde von Russland (aus EGMR ausgetreten), Türkei und der Schweiz verlangt…
Man sollte deinen Mandanten klar sagen, Ausstandsanträge machen keinen Sinn. Kostet nur Geld. Es wird immer abgelehnt.
@Tades Brausauskas
Ich habe im Sozialversicherungsrecht erlebt, dass nachdem in einer mündlichen Gerichtsverhandlung an einem kantonalen Versicherungsgericht ein E-Mail einer Gerichtsschreiberin dem Richtergremium eingereicht wurde, das ohne mich über dessen Existenz zu informieren an die Beschwerdegegnerin geschickt wurde und aus dem der Anschein der Befangenheit gegenüber mir als Rechtsbeistand hervorging (abwertende Wortwahl in Bezug auf meine Person) und von mir dezent gefragt wurde, ob sich daraus nicht ein Anschein der Befangenheit gegenüber mir ergeben könnte, mitgeteilt, dass man die Gerichtsschreiberin durch einen anderen Gerichtsschreiber auswechselt nachdem sich das Richtergremium zum Studium des E-Mail und zur Beratung zurückgezogen hatte. Vielleicht wollte man auch keinen Vorwand für eine spätere Anfechtung aus formellen Gründen setzen nachdem das Bundesgericht bereits das erste im schriftlichen Verfahren ergangene Urteil aufgehoben hatte, da darin mit Besetzung mit der selben Gerichtsschreiberin ohne Begründung mein in der Replik gestellter Antrag auf eine publikumsöffentliche Gerichtsverhandlung gemäss EMRK übergangen wurde (wobei es im ersten Entscheid noch diverse andere kritikwürdige Punkte gab. In den meisten Zweigen des Sozialversicherungsrechts ist das Verfahren vor den kantonalen Gerichten was die Gerichtskosten anbelangt in der Regel kostenlos.(allerdings wird oft mit nichtssagenden Begründungen die Parteientschädigung des Rechtsvertreters oder der Rechtsvertreterin gekürzt). Kann man Sie irgendwie für einen Erfahrungsaustausch kontaktieren?