Alkohol-Testkäufe: Feiges Bundesgericht, Dummes Obergericht?
Das Solothurner Tagblatt führt die Diskussion um die Alkohol-Testkäufe an Jugendliche weiter (s. meine bisherigen Beiträge hier, hier und hier) und druckt folgende Stellungnahmen ab [meine Kommentare stehen in Klammern dahinter]:
Ein Oberstaatsanwalt:
Er ist der Überzeugung, dass Alkohol-Testkäufe mit Minderjährigen keine verdeckten Ermittlungen sind. Dabei stützt er sich auf ein St. Galler-Urteil und auf ein Gutachten des Zürcher Strafrechtsprofessors und SP-Nationalrats Daniel Jositsch, wonach Testkäufer, die sich auf den Versuch beschränken, Alkohol zu kaufen, keine «agents provocateurs» sind sondern «einfache Scheinkäufer» – die Testkäufe seien demnach zulässig [Genau das wird noch zu beurteilen sein. Das St. Galler Urteil und das Gutachten Jositsch überzeugen mich überhaupt nicht].
Ein Suchthilfe-Fachmann:
Das Baselländer Urteil sei «eine Dummheit» – hätte das Bundesgericht das Urteil gestützt, «wäre das ein Fiasko gewesen». Es gebe nichts Schlimmeres als Gesetze, die man nicht umsetze, meint Misteli, und spricht damit den Jugendschutz an. Die Umsetzung von Gesetzen müsse auch kontrolliert werden. Weil zudem jedes andere Kontrollinstrument im Jugendschutz nicht funktioniere, die Zivilcourage etwa, bleibe nichts anderes, als die Kontrolle «institutionalisiert durchzuführen», sagt Misteli [Richtig. Der Denkprozess sollte allerdings bereits vor Erlass eines Gesetzes einsetzen. Was mit “institutionalisierter Durchführung” der Kontrolle gemeint ist, bleibt leider offen].
Ein Anwalt:
Das Bundesgericht habe es auf gut Deutsch «verhauen», in dieser Sache endlich für Klarheit zu sorgen, sagt Cattin. Er selber bringt aber im November zwei gleich gelagerte Fälle vor das Amtsgericht Solothurn-Lebern. Sein Plädoyer wird er auf das Baselländer Urteil abstützen – «für mich gesamthaft betrachtet, das grösste Präjudiz bislang.» Sollte das Amtsgericht seiner Argumentation nicht folgen und anders urteilen, dann wird [der Anwalt] den Lausanner Richtern neuerlich Gelegenheit geben, in der Frage der Alkohol-Testkäufe für Klarheit zu sorgen [Nicht das Bundesgericht hat den Fall verhauen, sondern die Staatsanwaltschaft. Das Bundesgericht durfte die Beschwerde materiell nicht beurteilen].
Es ist schon erstaunlich, wie “systemkonform” das Bundesgericht urteilen kann! Bei der Pornografie im Internet wird genau andersrum argumentiert und bei den harten Drogen auch…
Es geht hier effektiv nur um den Umsatz. Punkt. Soll mir eineR wieder behaupten, das RECHT sei unpolitisch.