Alkoholtestkäufe: Rechtsprechung bestätigt
Das Bundesgericht weist vier neuerliche Beschwerden der Staatsanwaltschaft BL ab und bestätigt seine Rechtsprechung, wonach die Erkenntnisse praktizierter Alkoholtestkäufe nicht verwertbar sind (BGer 6B_334/2011 vom 10.01.2012 und drei weitere analoge Fälle; alle in Fünferbesetzung):
Trotz dieser Kritik hat das Bundesgericht an der durch BGE 134 IV 266 begründeten Rechtsprechung festgehalten. Dem Gesetz lässt sich keine hinreichend klare Grundlage für die Auffassung entnehmen, dass eine verdeckte Ermittlung nur bei einer (wie auch immer zu definierenden) gewissen Täuschungs- und/oder Eingriffsintensität beziehungsweise Dauer des Einsatzes respektive bei einer daraus resultierenden gewissen Schwere des Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre der Zielperson angenommen werden kann. Diese Kriterien sind im Übrigen zu vage und daher für eine Abgrenzung und Unterscheidung zwischen “qualifizierten” und “einfachen” verdeckten Ermittlern und somit für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesetzes ungeeignet. Das Bundesgericht hat klargestellt, dass das als wesentlich erkannte Kriterium des “Anknüpfens von Kontakten” das Element eines aktiven, zielgerichteten Verhaltens enthält (Urteile 6B_141/2011 vom 23. August 2011 E. 2.2; 6B_743/2009 vom 8. März 2010 E. 3.1 und E. 3.3; 6B_837/2009 vom 8. März 2010 E. 3.2 und E. 3.4; 6B_207/2010 vom 22. April 2010 E. 3.2).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist daher auch etwa der polizeiliche Scheinkauf von Betäubungsmitteln als verdeckte Ermittlung im Sinne des aBVE zu qualifizieren, und zwar auch der einfache, isolierte, nur wenige Sekunden dauernde Scheinkauf (Urteile 6B_207/ 2010 vom 22. April 2010; 6B_743/2010 und 6B_837/2009 vom 6. März 2010). Voraussetzung ist, dass der Polizeiangehörige aktiv und zielgerichtet den Kontakt anknüpft (E. 3.2.3)
Daran ändert natürlich auch die kantonale Spezialgesetzgebung nichts:
Ob § 26 Abs. 4 Satz 1 GgG/BL, wonach die zuständigen Behörden “verdeckte Testkäufe vornehmen” können, als gesetzliche Grundlage für Alkoholtestkäufe durch Jugendliche im Rahmen gewerbepolizeilicher Aufgaben genügt und ob die durch solche Testkäufe gewonnenen Erkenntnisse zur Anordnung von Verwaltungsmassnahmen – wie etwa persönliche und betriebliche Auflagen oder den Entzug der Bewilligung (siehe § 28 Abs. 1 lit. a und lit. d GgG/BL) – verwendet werden dürfen, ist hier nicht zu prüfen. Selbst wenn man die Frage bejahen wollte, folgte daraus nicht, dass die aus den Testkäufen gewonnenen Erkenntnisse auch in einem Strafverfahren verwertbar wären. Insoweit müssen die Voraussetzungen gemäss aBVE erfüllt sein, das Vorrang vor der genannten Bestimmung des kantonalen Gastgewerbegesetzes hat (E. 4.3).