Ambulanzfahrerin wegen fahrlässiger Tötung verurteilt
Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung einer Ambulanzfahrerin wegen fahrlässiger Tötung (BGer 6B_738/2012 vom 18.07.2013). Ihr wurde zum Verhängnis, dass sie einen Motorradfahrer, der nach der Kollision mit dem Sanitätsfahrzeug starb, übersehen hatte.
Die Beschwerdeführerin sah den Motorradfahrer bis zur Kollision nicht. Ihr ist damit vorzuwerfen, den Motorradfahrer sorgfaltswidrig übersehen zu haben. Aus der vorgebrachten Komplexität der Kreuzung vermag sie nichts für sich abzuleiten. Jene hätte vielmehr nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz eine Geschwindigkeitsreduktion als angezeigt erscheinen lassen und bringt zutage, dass das Befahren der Kreuzung mit gleichbleibender Geschwindigkeit ohne abzubremsen nicht situationsangemessen war. Eine reduzierte Geschwindigkeit respektive ein sich Vortasten in die Kreuzung hinein hätte erlaubt, beide Fahrbahnen der Badenerstrasse in Richtung Baden vor dem Überfahren (nochmals) zu kontrollieren. Selbst ein Sicherheitshalt, den die Weisungen des UVEK nicht a priori ausschliessen, wäre nötigenfalls möglich gewesen (E. 2.4.1).
Auch die Unaufmerksamkeit des Motorradfahrers, der – mit übersetzter Geschwindigkeit – die Ambulanz seinerseits übersehen und überhört haben muss, hat die Ambulanzfahrerin nicht entlastet (kein die Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts unterbrechendes Selbstverschulden):
Zwar ist dem Motorradfahrer, der das Wechselklanghorn, das Blaulicht und die bei Grünlicht auf der rechten Fahrbahn stehenden Fahrzeuge nicht bemerkte, eine unaufmerksame Fahrweise vorzuwerfen. Selbst wenn er das Ambulanzfahrzeug allenfalls nicht rechtzeitig sehen konnte (vgl. Gutachten S. 10), so wurde gleichwohl die Notstandsfahrt mindestens durch die Sirene der Ambulanz angekündigt. Dass aber Verkehrsteilnehmer und Fussgänger das durch die Sanität etc. auf einer dringlichen Dienstfahrt beanspruchte Vortrittsrecht missachten, weil sie die besonderen Warnsignale nicht oder zu spät wahrnehmen oder nicht (adäquat) reagieren, kann nicht als aussergewöhnlich bezeichnet werden (E. 2.4.2).
Im Nachhinein stellt sich natürlich wie immer die Frage, ob eine andere Verteidigungsstrategie zu einem Freispruch geführt hätte. Wahrscheinlich hätte eine andere Strategie aber einfach zu einer anderen Begründung der Sorgfaltspflichtverletzung geführt.
Andere Verteidigungsstrategie? – was für eine denn? Wenn ein Schuld- oder Freispruch von der “Verteidigungsstrategie” abhängt, dann ….. ist immer der Verteidiger schuld! Und ja, wäre der Motorradfahrer zu Hause geblieben, dann ….? Wem nützen solche Urteile?, den Hinterbliebenen?, den Versicherungen?, dem “Täter”?, der Justiz?
Dann ist Strafverteidigung also unnötig?
Als “Feigenblatt der Rechtsstaatlichkeit” sind wir nützlich (der Täter wurde ja verteidigt).
Ja, so komme ich mir tatsächlich manchmal vor.
Wie ist das nochmals:
Wenn der Anwalt einen Fall gewinnt, dann liegt das bestimmt nicht am Anwalt sondern am Klienten, weil er eh Recht hatte…
…
…
und wenn der Anwalt einen Fall verliert, dann hat der Anwalt schlechte Arbeit gemacht…
Falsch. Der Anwalt macht immer einen schlechten Job. Wird der Klient verurteilt, hat er die falsche Strategie gewählt oder die richtige Strategie falsch umgesetzt. Wird er freigesprochen, hat das Gericht den Untersuchungsgrundsatz angewendet. Das Recht wendet es ja ohnehin von Amts wegen an.
Ich hab mal was von Streik der Strafverteidiger gehört (ich könnts mir allerdings nicht leisten, bin auch auf die gekürzten Honorare angewiesen).
Mit Streiks will man ja die Öffentlichkeit auf Missstände aufmerksam machen. Im Strafrecht sind ja aber in der öffentlichen Meinung wir Verteidiger der Missstand. Streikt bringt somit nichts. Strafverteidiger streiken nur in Unrechtsstaaten wie Frankreich und Italien. Im fortschrittlichen Rechtsstaat ist der Strafverteidiger so gut eingebunden, dass er nicht zu streiken wagt.
Höre ich da Zynismus ?
Kann es mir manchmal halt nicht verkneifen.