Amtliche Verteidigung / unentgeltliche Rechtspflege
Wer als amtlicher Verteidiger eingesetzt ist, muss in einem Beschwerdeverfahren nicht ausdrücklich um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen.
Das Bundesgericht korrigiert das Obergericht des Kantons Aargau, welches dem Beschwerdeführer die Kosten des Haftbeschwerdeverfahrens auferlegen wollte (BGer 1B_73/2015 vom 19.03.2015):
Der Beschwerdeführer ersuchte zwar vor der Vorinstanz nicht ausdrücklich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, sondern nur um Auferlegung der Verfahrenskosten an den Staat und um Entrichtung einer Parteientschädigung. Das schadet ihm aber nicht, weil dem Obergericht bekannt war, dass er im Strafverfahren amtlich verteidigt und überdies vermutlich bedürftig ist (vgl. dazu auch das Urteil des Bundesgerichts 1B_427/2014 in gleicher Sache vom 19. Januar 2015 E. 5). Der Antrag auf Kostenbefreiung musste daher zumindest sinngemäss als solcher um unentgeltliche Rechtspflege verstanden werden (E. 5.3).
Mit dem Verweis auf BGer 1B_427/2014 teilt das Bundesgericht der Vorinstanz mit, dass sie nicht strenger sein darf. Das Bundesgericht hatte den Kostenentscheid in der selben Strafsache wie folgt begründet:
Dem unterliegenden und bedürftigen (überschuldeten) Beschwerdeführer, dessen Begehren nur schon angesichts des erstinstanzlichen Entscheids des Zwangsmassnahmengerichts nicht als von vornherein aussichtslos erscheinen, ist die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen, und es ist ihm sein Rechtsvertreter als kostenloser Rechtsbeistand beizugeben (vgl. Art. 64 BGG). Damit sind keine Kosten zu erheben. Dem Anwalt des Beschwerdeführers ist für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse zu entrichten (E. 5).
Mir ist nicht klar, wieso die amtliche Verteidigung nicht per se für kantonale Beschwerdeverfahren gelten soll. Wirksame Verteidigung muss doch zwingend auch die Möglichkeit enthalten, im Rahmen der amtlichen Verteidigung Rechtsmittel ergreifen zu können.
Wirksame Verteidigung ja – aber mit der carte blanche “amtliche Verteidigung” versehen, werden auch Beschwerden vom Staat finanziert, die zum vornherein aussichtslos sind und die ein privat Verteidigter nie eingereicht hätte.
Das wage ich zu bestreiten. Die Kosten trägt am Ende ja immer der Verurteilte, auch diejenigen, die der Staat (vor-)finanziert hat. Und einem Anwalt macht es in aller Regel nun wirklich keinen Spass, aussichtslose Beschwerden zu einem Honorar zu verfassen, das seine Kosten kaum deckt.
Ich schätze, es gibt durchaus Anwältinnen und Anwälte, die sich von einem tiefen Ansatz nicht abschrecken lassen (aber aussichtslose Beschwerden machen in der Tat selten Spass). Der springende Punkt ist indes meines Erachtens ein anderer.
Die amtliche Verteidigung ist in der StPO recht klar definiert (und es erscheint mir auch selbstverständlich, dass sie im (kantonalen) Beschwerdeverfahren nicht einfach wegfallen kann – sonst ist sie, wie kj schon gesagt hat, eben tatsächlich ziemlich wirkungslos). Fehlende Aussichtslosigkeit ist aber halt gemäss StPO kein Hinderungsgrund für die amtliche Verteidigung (auch wenn das einige Gerichte anders sehen).
Trotzdem besteht kein Freipass für aussichtslose Rechtsmittel. Anwälten werden vom Staat bekanntlich nur notwendige Leistungen vergütet (und manchmal nicht mal diese). Wenn eine Beschwerde aussichtslos ist, bleibt der amtliche Verteidiger zwar amtlicher Verteidiger, seine Leistungen werden ihm jedoch nicht oder nur teilweise vergütet.
In Zürich wird gelebt, was im letzten Absatz postuliert wird.
Ich bin stolz darauf, dass jeder in der Schweiz eine amtliche Verteidigung zur Verfügung gestellt wird.
Das wäre ich auch, wenn es zutreffen würde.