Angriff auf die richterlichen Kompetenzen

Die Oberstaatsanwaltschaft LU beschwerte sich dagegen, dass das Kantonsgericht LU die Dauer einer Massnahme nach Art. 59 StGB auf zwei Jahre beschränkt hat. Sie machte geltend, Art. 59 StGB lasse bei der Erstanordnung einer stationären therapeutischen Massnahme keine Beschränkung der Dauer auf weniger als fünf Jahre zu. Das Kantonsgericht habe durch die Beschränkung auf zwei Jahre in die Kompetenz der Vollzugsbehörde eingegriffen.

Dieser eher befremdlichen Auffassung, welche die richterlichen Kompetenzen im Vollzugsrecht noch weiter zurückdrängen sollte, ist das Bundesgericht mit ausführlicher und überzeugender Begründung nicht gefolgt (BGer 6B_636/2018 vom 25.07.2018):

Bei einer zeitlichen Beschränkung der stationären Massnahme wird deren Weiterführung von einem erneuten Tätigwerden der Vollzugsbehörde und einem erneuten gerichtlichen Entscheid abhängig gemacht, d.h. die Frist, innert welcher für die Weiterführung der Massnahme ein gerichtlicher Entscheid im Sinne von Art. 59 Abs. 4 Satz 2 StGB zu ergehen hat, wird verkürzt. Würde die Massnahme bzw. der damit verbundene Freiheitsentzug trotz voraussichtlich kürzerer Behandlungsdauer für die gesetzliche Höchstdauer angeordnet, könnte die Vollzugsbehörde während diesen fünf Jahren selber über die Weiterführung oder Beendigung der Massnahme entscheiden. Gegen einen negativen Entlassungsentscheid müsste die betroffene Person ein Rechtsmittel ergreifen und damit selber tätig werden, wobei die Massnahme bis zum Ablauf der gesetzlichen Höchstdauer bzw. bis zum vollstreckbaren Entscheid über die (bedingte) Entlassung weiterläuft. Mit der zeitlichen Beschränkung der Anordnungsdauer der stationären Massnahme wird daher die Rechtsposition des Betroffenen verbessert. Unbeachtlich ist der Einwand der Beschwerdeführerin, damit werde bei den Vollzugsbehörden und den Staatsanwaltschaften ein Mehraufwand generiert. Ein solcher ist im Interesse des Betroffenen und in Nachachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips hinzunehmen (E. 4.2.3).

Man hätte noch hinzufügen können, dass die Beschränkung als richterlicher Auftrag an die Vollzugsbehörden zu verstehen sei, den Vollzugsplan auf die Entlassung spätestens zum Ende der angeordneten Dauer der Massnahme auszurichten. Die Vollzugspraxis berücksichtigt die ursprünglich angeordnete Massnahmendauer bereits deshalb nicht, weil sie nach Art. 59 Abs. 4 StGB beinahe beliebig verlängerbar ist. So erklärt sich dann auch, dass sich die eigentliche Therapie im Jahresdurchschnitt in vielen Fällen auf gegen eine halbe Stunde pro Woche beschränkt. Manche Institutionen nennen daher die Arbeit Arbeitstherapie oder den Sport Sporttherapie. Damit erhöhen sie den Durchschnitt ein wenig.