Angriffiger Torhüter

Der Torhüter einer Fussballmannschaft wehrte sich bis vor Bundesgericht (Urteil 6B_266/2007 vom 31.07.2007) gegen seine Verurteilung zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen Angriffs (Art. 134 StGB). Er war nicht etwa in den gegnerischen Strafraum vorgestossen, sondern hat nach dem Spiel einen gegnerischen Stürmer im Kabinengang zusammen mit vier Mitspielern tätlich angegriffen und geschlagen. Der Sachverhalt stellte sich für das Bundesgericht wie folgt dar:

An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, welche 2 Jahre und 5 Monate nach dem Vorfall stattfand, sagte D. gemäss handschriftlichem Protokoll aus, er habe C. geschlagen. Im Anschluss daran sagte er auf Grund einer nicht protokollierten Frage, die indessen nach dem Zusammenhang nur dahingehend gelautet haben kann, wer sonst noch zugeschlagen habe: “Alle, die in diesem Raum waren, halt, nicht namentlich.” Auf ebenfalls nicht protokollierte Frage hin führte der Beschwerdeführer anschliessend aus: “Ja, ich musste durch diesen Raum nach oben. Ich habe gar nichts gemacht.” Auch der Sinn dieses Satzes kann nicht zweifelhaft sein. Der Beschwerdeführer bestätigte, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein, bestritt indessen, sich an der Schlägerei beteiligt zu haben (E. 1, Hervorhebungen durch mich).

Nicht Gegenstand der Beschwerde war offenbar die Protokollführung an und für sich. Dass Strafgerichtsverhandlungen in der Schweiz oft nur sinngemäss und unter Weglassung der Fragestellung protokolliert werden, kann dem Anspruch an ein rechtsstaatliches Verfahren schlicht nicht gerecht werden, was aber kaum jemanden zu stören scheint. Der Vorteil dieser Art der Protokollführung zeigt sich im oben zitierten Auszug, in dem sich das Bundesgericht die nicht protokollierten Fragen zwangsläufig selbst zurecht gelegt und daraus die erforderlichen Schlüsse gezogen hat.

Strittig war vor Bundesgericht die Frage des Konfrontationsanspruchs (Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK). Dazu das Bundesgericht (unter Verwendung der angenommenen Fragestellungen):

An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung wurde der Beschwerdeführer mit den ihn belastenden Mitangeklagten konfrontiert. Dabei wurde er von D. erneut belastet. Er erhielt Gelegenheit, sich dazu zu äussern, und er machte davon Gebrauch und bestritt, sich am Angriff beteiligt zu haben. Damit wurde seinem verfassungs- und konventionsrechtlichen Konfrontationsrecht Genüge getan. Dass die beiden anderen Mitangeklagten ihre Beschuldigung an der Hauptverhandlung nicht wiederholten, macht ihre Aussagen nicht ohne weiteres unverwertbar. Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK kann naturgemäss nur ein Fragerecht einräumen und nicht garantieren, dass die Belastungszeugen an der Konfrontationseinvernahme ihre Belastungen wiederholen. Ob die gemeinsame Befragung der vier Mitangeklagten an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung sämtliche konventions- und verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllte, kann indessen letztlich offen bleiben, da der Verteidiger des Beschwerdeführers an der appellationsgerichtlichen Hauptverhandlung ausdrücklich auf die Wiederholung von Beweisanträgen und damit auch auf eine (erneute) Konfrontation des Beschwerdeführers mit seinen Mitangeklagten verzichtete. Ein solcher Verzicht ist zulässig, der Beschwerdeführer kann sich im späteren Verlauf des Rechtsmittelverfahrens nicht mehr darauf berufen, die Konfrontation an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung habe den konventions- und verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, die Rüge ist unbegründet (E. 2.3).

Angesichts dieser Erwägung stellt sich die Frage, welchen Sinn das Konfrontationsrecht denn eigentlich hat. Es geht ja nicht darum, einem Belastungszeugen einfach bloss formell Fragen stellen zu können, sondern u.a. darum, durch kritisches Nachfragen den Gehalt der belastenden Aussagen besser beurteilen zu können. Wenn dann vor Gericht keine belastende Aussage mehr kommt, dann hat das Konfrontationsrecht seinen Zweck doch bereits erfüllt. Insofern ist dem Bundesgericht beizupflichten, dass der Konfrontationsanspruch nicht verletzt war.

Der Beschwerdeführer hat weiter Willkür in der Beweiswürdigung gerügt, insbesondere was die Glaubhaftigkeit der belastenden Aussagen betrifft. Dass diese Rüge vor Bundesgericht einfach nicht zieht, zeigt folgendes Zitat eindrücklich:

Damit legt der Beschwerdeführer indessen lediglich dar, wie die Beweise aus seiner Sicht zu würdigen wären. Den Nachweis, dass die Beweiswürdigung widersprüchlich und unhaltbar bzw. offensichtlich unrichtig ist, ist mit diesen Einwänden offensichtlich nicht zu erbringen. Solche rein appellatorische Kritik an den appellationsgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen ist unzulässig, darauf ist nicht einzutreten (E. 3.2).