Anklage im Fall Swissair und eine Prognose

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat am Donnerstag Anklage gegen 19 Personen erhoben, die für das Debakel verantwortlich sein sollen. Die Vorwürfe hat die NZZ hier zusammengestellt. Ankgelagt sind u.a. sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrats, deren Verteidigungsstrategie im Wesentlichen wie folgt lauten dürfte: “Wir haben – im Nachhinein beurteilt – falsche Entscheidungen getroffen, aber schädigen wollten wir niemanden.” Das erscheint nicht nur als glaubhaft, es wird auch ausgeschlossen sein, das Gegenteil nachzuweisen.

Die Staatsanwaltschaft wird sich somit darauf konzentrieren, Eventualvorsatz zu beweisen und das ist nun wirklich nicht schwierig. Rechtlich ist es zwar richtig, wenn immer wieder betont wird, die strafrechtliche Verantwortlichkeit setze Vorsatz voraus und sei daher viel schwieriger nachzuweisen als die zivilrechtliche Verantwortlichkeit, für die Fahrlässigkeit genüge. In der Praxis stimmt das freilich nicht ganz. Sie neigt dazu, Eventualvorsatz mit Fahrlässigkeit gleichzusetzen, wenn es gerade als passend erscheint. Die Unterschiede sind derart graduell, dass sowohl das eine wie das andere jedenfalls so vernünftig begründet werden kann, dass es vor Bundesgericht stand hält. Und (der Öffentlichkeit) passend ist es im Fall Swissiar allemal. Der NZZ-Kommentar ist hier reichlich naiv und unterschätzt die Taktik der Staatsanwaltschaft, deren unerwarteter Rundumschlag als völlig richtig erscheint.

Daraus folgt meine Prognose:

An den meisten Angeklagten wird Eventualvorsatz “herbeibegründet” werden. Kompensiert wird über das Strafmass, das den bedingeten Vollzug zulassen wird. Damit wird die Öffentlichkeit zunächst sogar halbwegs zufrieden sein, v.a. weil mit den Urteilen die zivilrechtliche Falle gerichtet ist. Am Ende der Prozesse wird die Öffentlichkeit dann aber wieder die üblichen Sprüche von den Grossen, die man laufen lässt, klopfen. Die zivilrechtlichen Verfahren werden nämlich durch Vergleiche erledigt, die sich primär an der Leistungsfähigkeit der Beklagten (und der Versicherungen?) richten werden. Wetten?