Anklageprinzip in Wirtschaftsstrafsachen

Das Anklageprinzip hat im Wirtschaftsstrafrecht deshalb eine kritische Bedeutung, weil einzelne Transaktionen im Zusammenhang mit einem komplexen Geschäftsvorgang strafrechtlich unbedenklich sein können, obwohl insgesamt eine strafrechtliche Relevanz offensichtlich zu sein scheint.

Es ist daher von zentraler Bedeutung, dass die Staatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung gut überlegt, welche konkreten Handlungen oder Unterlassungen sie beurteilt haben will. Dem Sachrichter ist es nämlich verboten, den Anklagesachverhalt umzukonstruieren, um die möglicherweise erwünschte Verurteilung begründen zu können. Ein solches Beispiel findet sich in einem heute publizierten Urteil des Bundesgerichts, das eine Verletzung des Anklagegrundsatzes feststellt (BGer 6B_50/2018 vom 07.12.2018):


Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen stimmen nicht mit dem angeklagten Sachverhalt überein. Während die Anklage dem Beschwerdeführer vorwirft, er habe im Namen und auf Rechnung der Beschwerdegegnerin 2 3’750 Aktien der D. AG zum Stückpreis von Fr. 4.– aus dem Bestand von C. erworben, erachtet die Vorinstanz als erstellt, der Beschwerdeführer habe zunächst selbst Aktien der D. AG zu einem Durchschnittspreis von Fr. 2.70 von C. gekauft und 3’750 davon zum Preis von Fr. 4.– an die Beschwerdegegnerin 2 weiterverkauft. Während die Anklage davon ausgeht, in erster Linie wäre C. bereichert worden und der Interessenkonflikt beziehungsweise die Bereicherung des Beschwerdeführers habe darin bestanden, dass ihm pro verkaufte Aktie Provisionszahlungen von C. im Umfang von Fr. 1.50 in Aussicht gestanden hätten, stellt die Vorinstanz fest, da der Wert pro Aktie allerhöchstens Fr. 2.70 betragen habe, habe der Beschwerdeführer pro Aktie einen Gewinn von Fr. 1.30 erzielt, wobei sie diesen “Gewinn” schliesslich als Kommission im Rahmen des Vermögensverwaltungsvertrags mit der Beschwerdegegnerin 2 betrachtet. 
Diese Feststellungen legt die Vorinstanz auch ihrer rechtlichen Würdigung zu Grunde. Sie geht davon aus, der Vermögensverwaltungsvertrag habe keine Grundlage für den Kauf beziehungsweise aus Sicht des Beschwerdeführers den Verkauf eines Hochrisikotitels enthalten, womit der Beschwerdeführer als Geschäftsführer pflichtwidrig gehandelt und der Beschwerdegegnerin 2 einen Vermögensschaden zugefügt habe. Auch habe die Kommission im Umfang von Fr. 1.30 pro Aktie keine Grundlage im Vermögensverwaltungsmandat, womit sich der Beschwerdeführer im betreffenden Umfang wissentlich unrechtmässig bereichert habe, ohne bereit zu sein, Ersatz zu leisten. Indem die Vorinstanz ihrer rechtlichen Subsumtion tatsächliche Feststellungen zugrunde legt, die in massgebenden Punkten vom angeklagten Sachverhalt abweichen, verletzt sie Art. 350 Abs. 1 StPO und den Anklagegrundsatz. Damit erweist sich auch der Schuldspruch wegen qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung als bundesrechtswidrig (E. 2.5, Hervorhebungendurch mich).