Anklageprinzip verletzt, Urkundenqualität von Rechnungen verneint
Das Bundesgericht anerkennt wieder einmal eine Verletzung des Anklageprinzips nach Art. 9 StPO (BGer 6B_60/2012 vom 12.09.2012):
Die Anklageschrift wirft dem Beschwerdeführer lediglich vor, er habe Sanitäreinrichtungen in die I. eingebracht, ohne dass diese der G. irgendeine Gegenleistung dafür habe zukommen lassen oder eine solche vereinbart worden sei. Dadurch habe er gegenüber der G. seine Treuepflicht verletzt und dieser einen Schaden von Fr. 41’034.20 verursacht (…). Die Vorinstanz erwägt hingegen, die G. habe von der I. eine Gegenleistung in Form von 40 Inhaberaktien zu Fr. 1’000.– erhalten. Der Beschwerdeführer habe den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung erfüllt, indem er sich die der G. zustehenden Aktien weiterübertragen habe ohne dafür eine (volle) Gegenleistung zu erbringen (…). Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen stimmen nicht mit dem Sachverhalt gemäss Anklage überein. Da die Vorinstanz an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden ist, durfte sie davon nicht abweichen und den Beschwerdeführer nicht – im Sinne einer Ersatzbegründung – gestützt auf den von ihr anders festgestellten Sachverhalt verurteilen.
Im selben Entscheid äussert es sich im Übrigen auch zur Urkundenqualität von Rechnungen. Seine Rechtsprechung fasst es wie folgt zusammen:
Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als Beweismittel entgegengebracht wird (BGE 137 IV 167 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat im Urteil 6B_571/2011 vom 24. Mai 2012 E. 2.2.1, zur Publikation vorgesehen, mit Hinweisen festgehalten, dass der Urkundencharakter eines Schriftstücks relativ ist (a.a.O E. 2.2.1). Entgegen der Vorinstanz, die ohne weitere Begründung von der Urkundenqualität der inkriminierten Rechnungen ausgeht, stellen Rechnungen nach ständiger Rechtsprechung in der Regel keine Urkunden dar (Urteil 6B_571/2011 vom 24. Mai 2012 E. 2.2.1, zur Publikation vorgesehen, mit Hinweis auf BGE 131 IV 125 E. 4.2; 121 IV 131 E. 2c; 117 IV 35; 88 IV 33). Eine erhöhte Glaubwürdigkeit und damit eine Urkundenqualität von Rechnungen kann sich ausnahmsweise aus dem konkreten Verwendungszweck ergeben (vgl. die Beispiele im Urteil 6B_571/2011 vom 24. Mai 2012 E. 2.2.1, zur Publikation vorgesehen). Der schriftlich als richtig bescheinigten Rechnung kommt nach der Rechtsprechung als sogenannte zusammengesetzte Urkunde erhöhte Glaubwürdigkeit zu (a.a.O. E. 2.2.1 mit Hinweisen) [E. 1.4].
Im konkreten Fall verneint es die Urkundenqualität:
Der Beschwerdeführer reichte die von E. ausgestellten Rechnungen an Bauingenieur D. zur Genehmigung zuhanden der WIR Bank ein. Dessen Funktion bestand darin, diejenigen Zahlungen, welche die WIR Bank auslöste, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und zu kontrollieren, ob die Zahlungsaufträge dem Baufortschritt entsprachen (…). D. erwähnte, dass er vom Beschwerdeführer als Bauingenieur bezahlt, in seiner kleinen Funktion als Bautreuhänder jedoch nicht entschädigt worden sei (…). Auf den vier inkriminierten Rechnungen (…), die der WIR Bank eingereicht wurden, ist weder ein Visumzeichen noch eine anders gelagerte Bestätigung der Richtigkeit der Rechnungen vorhanden. Bei dieser Sachlage kommt den vier Rechnungen an die WIR Bank keine erhöhte Glaubwürdigkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu, weshalb ihnen die Urkundenqualität abgeht. Der vom Beschwerdeführer, F. und D. unterzeichnete und mit den Rechnungen eingereichte Buchungsauftrag an die WIR Bank (…) ändert daran nichts. Der objektive Tatbestand der Falschbeurkundung ist mangels Urkunde nicht erfüllt (E. 1.5).