Antizipierte Beweiswürdigung auch im Vorverfahren
Eine Frau zog sich beim Besuch eines Solariums lebensgefährliche Brandverletzungen zu. Das Verfahren gegen die Betreiberin des Solariums wurde eingestellt. Das Bundesgericht weist die dagegen geführte Beschwerde mit aussergewöhnlich umfangreicher Begründung ab; dies obwohl es die Eintretensfrage offen liess und eine materielle Begründung möglicherweise gar nicht notwendig war (BGer 1B_508/2011 vom 09.02.2012).
Das Bundesgericht beschäftigt sich im Entscheid einlässlich mit Fragen der Beweiswürdigung und billigt der für die Einstellung verantwortlichen Staatsanwaltschaft zu, gestützt auf eine antizipierte Beweiswürdigung auf Untersuchungshandlungen verzichtet zu haben:
Ebenfalls durfte in vorweggenommener Beweiswürdigung davon ausgegangen werden, dass eine Untersuchung des Geräts durch einen Spezialisten nicht zu einem anderen Ergebnis führen würde. Immerhin wurden bei einer Überprüfung durch die Kantonspolizei keine Defekte oder unzulässigen Teile festgestellt. Zwar führt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift eine Reihe möglicher Defekte und Manipulationen an, die erst bei genauerer Prüfung entdeckt werden könnten. Die betreffenden Hinweise sind aber allesamt nicht geeignet zu erklären, weshalb die entstandenen Verbrennungen nur im Bereich der Beine und in einer derartigen Schwere entstanden sind und weshalb offensichtlich keine anderen Solariumsbesucher betroffen waren (E. 2.4.3).
„In dubio pro duriore“ verträgt sich m.E. schlecht mit der antizipierten Beweiswürdigung zu Gunsten der beschuldigten Person. Aber das könnte an meiner Auffassung liegen, dass sich die antizipierte Beweiswürdigung generell schlecht mit den Grundsätzen des Strafprozessrechts verträgt. Nehmen wir aber einfach zur Kenntnis, dass bisweilen auch die beschuldigte Person davon profitieren kann.