Antizipierte Beweiswürdigung in extremis
Das ohnehin fragwürdige „Institut“ der antizipierten Beweiswürdigung erhält in BGer 6B_919/2008 vom 16.04.2009 ein weiteres Beispiel aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts. Der Beschwerdeführer war als Gehilfe zu Wirtschaftsdelikten verurteilt worden, ohne dass der im Ausland rechtskräftig verurteilte Haupttäter und die 74 Geschädigten in seinem Verfahren befragt worden wären:
Die Zeugeneinvernahmen der Geschädigten seien insbesondere deshalb unerlässlich, weil nur gestützt darauf die Frage der Opfermitverantwortung beantwortet werden könne. In der ganzen Strafuntersuchung seien nur zwei seiner Angestellten als Auskunftspersonen einvernommen und sei nur eine Person als Zeuge befragt worden. Der Haupttäter B. sei vom Landgericht München/D bereits am 13. November 2001 verurteilt worden. Es wäre somit ohne weiteres möglich gewesen, diesen als Zeugen einzuvernehmen. Von ihm wäre insbesondere zu erfahren gewesen, was er ihm (dem Beschwerdeführer) aufgetragen habe, wie er ihn instruiert habe, was er ihm über die Anlagegeschäfte mitgeteilt habe und welcher Art die Kommunikation zwischen den beiden gewesen sei (…, E. 2.1).
Das Bundesgericht schützt die antizipierte Beweiswürdigung der Vorinstanz und weist die Rügen des Beschwerdeführers ab:
Die kantonalen Instanzen stützen sich für den Schuldspruch der Beihilfe zum gewerbsmässigen Betrug auf die in den Akten befindlichen Unterlagen, auf die im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gegen den Haupttäter in Deutschland angelegten und teilweise beigezogenen Akten sowie auf die Einvernahmen zweier ehemaliger Angestellter des Beschwerdeführers. Sie gelangen zum Schluss, der dem Beschwerdeführer vorgeworfene Sachverhalt sei genügend nachgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, welche entlastenden Momente die beantragten Einvernahmen zu Tage fördern könnten. Dieser Schluss ist nicht schlechthin unhaltbar. Das ergibt sich schon daraus, dass dem Beschwerdeführer kein aktiver Beitrag bei der Kundenwerbung vorgeworfen wird und er mit den Kunden der A. AG gar nie in Kontakt gekommen ist (vgl. erstinstanzliches Urteil, Gerichtsdossier, GD 9/1 S. 19). Da in erster Linie der subjektive Tatbestand in Frage stand, durften die kantonalen Instanzen ohne weiteres zum Schluss kommen, die beantragten Zeugeneinvernahmen würden an der Würdigung der bereits erhobenen Beweise nichts mehr ändern. Nichts anderes gilt, soweit der Beschwerdeführer die Zeugen für den Nachweis einer die Arglist ausschliessenden Opferverantwortung anruft. Wie sich in der nachfolgenden Erwägung ergibt, reichen die im gegen den Haupttäter in Deutschland geführten Verfahren erhobenen Beweise als Grundlage für die Bejahung des Tatbestandmerkmals der Arglist ohne weiteres aus (E. 2.4).
Wird damit die immer wieder beschworene Wahrheitsfindung nicht zur blossen richterlichen Wahrheitsfiktion?