Anwältin als Polizeispitzel?
Ein kalifornisches Appellationsgericht hatte sich in People v. Navarro (No. B173591A vom 30.03.2006) mit folgendem Sachverhalt zu befassen:
Aufgrund vertraulicher Informationen hat die Polizei Durchsuchungsbefehle gegen verschiedene Mitglieder der Familie Navarro erwirkt, die in der Folge wegen bandenmässigen Autodiebstahls angeklagt wurden. Die Beschuldigten verdächtigten ihre Schwester, die sie in anderem Zusammenhang als Anwältin vertreten und im Zusammenhang mit den nun erhobenen Anklagen beraten hatte, die vertrauliche Polizei-Informanrin zu sein. Sie beantragten die Bekanntgabe der Identität der Informantin sowie die Aufhebung der Durchsuchungsbefehle und die Unverwertbarkeit der sichergestellten Beweismittel.
Diese Anträge blieben erfolglos. Das Appellationsgericht diskutierte die präsentierten Fragen unter der Hypothese, dass die Informationen von der Anwältin der Navarros gekommen war. Es wies die Anträge ab, hauptsächlich mit dem Argument, dass die Polizei ohne eigenen Anstoss zu den Informationen gekommen ist und damit für die Verletzung des Anwaltsgeheimnisses nicht verantwortlich sei. Den Beschuldigten müsse es genügen, Schritte gegen die vermeintliche Informatin einzuleiten. Ein Beweisverwertungsverbot sei jedenfalls nicht daraus abzuleiten, zumal die Verletzung des Anwaltsgeheimnisses vor der Eröffnung des Strafverfahrens statt fand und damit den Anspruch auf wirksame Verteidigung nicht betreffen konnte. Damit spielte es keine Rolle, ob die Anwältin die Informantin war. Sie musste nicht “enttarnt” werden.