Apropos aussichtslose Beschwerden
Im Anschluss an die Diskussion um aussichtslose Beschwerden amtlich verteidigter Vollkasko-Beschuldigter schlage ich die Lektüre eines heute publizierten Entscheids des Bundesgerichts vor (BGer 6B_926/2014 vom 20.07.2015).
In diesem Entscheid schmettert das Bundesgericht eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft ab, die es wohl – wäre die Kosten- und Entschädigungsfolge nicht bereits gesetzlich vorgeschrieben – mindestens als aussichtslos qualifiziert hätte. Ich erwähne den Entscheid für alle, die sich nicht vorstellen können, dass auch Strafverfolger, die sich nie für die produzierten Kosten rechtfertigen müssen und kein persönliches Risiko tragen, den Steuerzahler ohne jeden sachlichen Grund zusätzlich belasten können:
Der angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht. […]. Ein Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ist weder angeklagt (vgl. zum Anklageprinzip: Art. 9 Abs. 1, Art. 325 Abs. 1 und Art. 350 Abs. 1 StPO; BGE 140 IV 188 E. 1.3; 133 IV 235 E. 6.2 f.; je mit Hinweise) noch aufgrund des angefochtenen Entscheids erstellt. Der von der Vorinstanz nahezu wörtlich übernommene Anklagesachverhalt enthält keine Feststellungen dazu, dass es während der Autofahrt oder aufgrund des Abkommens von der Strasse unter Alkoholeinflusses zu einem hohen Risiko mit Schwerverletzten oder Todesopfern gekommen ist. […]. Die Beschwerdeführerin verkennt insoweit, dass auch in den Fällen, in denen das Fehlverhalten des Automobilisten zu einem Unfall führt, angesichts der hohen Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe eine lediglich generell-abstrakte Gefahr nicht genügt. Zudem stellt Art. 90 Abs. 3 SVG ausschliesslich vorsätzliches Handeln unter Strafe. Sowohl in der Anklageschrift als auch im angefochtenen Urteil und in der Beschwerde fehlen Ausführungen zum subjektiven Tatbestand des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verletzung einer elementaren Verkehrsregel und der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer (E. 3).
Nicht klar ist der Grund für die überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer. Ein Schriftenwechsel ist offenbar nicht erfolgt.