Art. 169 StGB vs. Art. 159 StGB vs. Anklageprinzip
Das Bundesgericht hält an seiner in BGE 86 IV 170 publizierten Rechtsprechung zu Art. 169 StGB fest. Die Regeste lautete wie folgt:
Art. 169 StGB. Der Arbeitgeber, der im Falle einer gegen seinen Arbeitnehmer gerichteten Lohnpfändung auf betreibungsamtliche Anzeige hin die gepfändete Lohnquote in Abzug bringt, den abgezogenen Geldbetrag aber nicht an das Betreibungsamt abliefert, sondern anderweitig verwendet, verfügt damit nicht über eine amtlich gepfändete Sache; Pfändungsobjekt bildet bis zu ihrer Tilgung ausschliesslich die Lohnforderung.
Das Obergericht des Kantons Thurgau war anderer Ansicht, muss nun aber gemäss einem heute online gestellten Urteil des Bundesgerichts (BGer 6B_483/2008 vom 12.11.2008) über die Bücher:
Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführer, welche Gelder ihres Unternehmens statt zur Bezahlung der gepfändeten Lohnforderung anderweitig verwendet haben, folglich zu Unrecht wegen Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte gemäss Art. 169 StGB bestraft (E. 2.4.3).
Der Beschwerdeführer wird mangels entsprechender Anklage auch nicht wegen Missbrauchs von Lohnabzügen (Art. 159 StGB) bestraft:
Vorliegend kann offen gelassen werden, ob das Verhalten der Beschwerdeführer als Missbrauch von Lohnabzügen im Sinne von Art. 159 StGB zu werten ist. Dieser Tatbestand bildet nicht Gegenstand der Anklage, weshalb eine Verurteilung der Beschwerdeführer schon von daher im bundesgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht kommt (E. 2.4.3).