Aufhebung des Zeugnisverweigerungsrechts?
Gemass Tagesanzeiger prüft der Kantonsrat des Kantons Zürich die Aufhebung des Zeugnisverweigerungsrechts im Ordnungsbussenverfahren. Der Initiant ist Gerichtsschreiber und Geschäftsleitungsmitglied am Bezirksgericht Zürich, was im Kanton Zürich kein Gewaltentrennungsproblem darstellt (Art. 42 KV). Seine Initiative finden Sie hier.
Das muss man sich mal vorstellen: Wer sich beispielsweise weigert, einen Familienangehörigen in einer Bussensache zu denunzieren, soll bei der angestrebten Änderung gemäss § 134 StPO ZH
nach fruchtloser Warnung vorläufig bis zu 24 Stunden in Verhaft gesetzt
und nach Androhung dem Strafrichter wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen überwiesen werden können.
Für mich ist das eine ungeheure Forderung. Ich hoffe, dass sich insbesondere auch Strafrechtler gegen die Aushöhlung der Grundsätze des Strafprozessrechts wehren. Werden elementare und bis anhin unbestrittene Maximen über Bord geworfen, bleibt letztlich der Rechtsstaat und damit jeder Einzelne auf der Strecke. Für einzelne (wenige) schwarze Schafe soll und darf nicht ein ganzes System gekippt werden.
Ähnliche Forderungen zeigen sich im Übrigen auch im Bereich des Verwaltungsrechts und da insbesondere im Steuerrecht. In seinem Aufsatz „Das (Miss-)Verhältnis zwischen strafprozessualem Schweigerecht und verwaltungsrechtlicher Mitwirkungs- und Auskunftspflicht“ in der Zeitschrift recht Nr. 1/2005 vom 07.02.2005 S. 11 ff versucht Hansjörg Seiler, Prof. in Luzern, aufzuzeigen, dass es kein verfassungsrechtliches Schweigerecht gäbe, weshalb Verfahrensparteien im Verwaltungsverfahren zur Auskunft in eigener Sache verpflichtet seien. Wenn dem so wäre, würde meines Erachtens insbesondere die Unschuldsvermutung im Verwaltungsstrafverfahren völlig ausgehebelt. Es kann wohl nicht sein, dass Steuerpflichtige sich in einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung selbst belasten müssen. Auch in diesem Verfahren gilt meines Erachtens die Unschuldsvermutung und damit kann ein Steuerpflichtiger nicht zur Mitwirkung verpflichtet werden.