Aufzeichnen nichtöffentlicher Gespräche
Wer als Gesprächsteilnehmer ein nichtöffentliches Gespräch, ohne die Einwilligung der andern daran Beteiligten, auf einen Tonträger aufnimmt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft (Art. 179ter StGB). Nicht so klar ist, was ein “nichtöffentliches Gespräch” sein soll.
Hierzu ändert das Bundesgericht seine Rechtsprechung im Sinne einer Ausdehnung der Strafbarkeit (BGE 6B_943/2019 vom 17.02.2020, Publikation in der AS vorgesehen). Das Gespräch muss sich nun nicht mehr zwingend auf den Geheim- oder Privatbereich der Beteiligten beziehen oder im Rahmen persönlicher oder geschäftlicher Beziehungen erfolgen. Ich verweise auf die Medienmitteilung, welche den Entscheid wie üblich gut zusammenfasst.
Der Beschwerdegegner 2 hatte die fraglichen Äusserungen in seiner Eigenschaft als Polizist im Dienst (faits B.), mithin öffentlichrechtlicher Agent des Staates getan, nicht als Privatperson. Die Redefreiheit ist – wie die Religionsfreiheit und andere Rechte – nicht auf den Ausüber des Gewaltmonopols selbst anwendbar. Der Staat darf grundsätzlich nicht frei sagen und hören, was er möchte, sondern er ist gebunden, dies im Gegensatz zu privaten Personen.
Das Urteil unterlässt genau diese Unterscheidung in dem Satz der Pressemitteilung “Zweck dieser Strafbestimmungen ist es, dem Einzelnen [dh hier dem beschwerdeführenden Polizisten im Dienst, PD] zu erlauben, sich mündlich frei äussern zu können, ohne befürchten zu müssen, dass seine Aussagen gegen seinen Willen aufgezeichnet werden und die ohne Hintergedanken ausgesprochenen Worte auf diese Weise verewigt werden”, die durch die Qualifikation der Exekutive als “Einzelnen”, und das Wort “frei” als Qualifikation für behördliche Rede Bundesrecht bricht.
Anders der Beschwerdeführer: Als Privatperson ist er durch die verfassungsmässige Redefreiheit geschützt. Mit Redefreiheit ist sowohl das freie Produzieren wie Konsumieren von Rede durch nichtstaatliche Akteure gedeckt. Zuhörer und Leser sind deshalb genauso geschützt wie etwa Redner und Blogger. Staatliche Rede muss nicht öffentlich sein, um aufzeichnungsfähig zu sein, denn anders als nichtöffentliche Rede eines Privaten, deren Aufzeichnung des Redners Redefreiheit berührt und deshalb unter anderem in den Artikeln 179 bis 179 novies StGB reguliert ist, impliziert sie niemandes Grundrecht.
Der Staat muss nicht “befürchten”, dass seine Reden gegen seinen Willen aufgezeichnet werden, sondern *darf* vielmehr mit ihrer Möglichkeit rechnen, denn die legale Aufzeichnung und Review von Behördenäusserungen ist um der Kontrolle des Gewaltmonopols willen – durch die verfassungsmässige Redefreiheit geschützt – in der vorliegenden Jurisdiktion ein erwünschtes Verhalten ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Die Anwendung von Art 179ter StGB auf die Konstellation “Privater zeichnet Rede des Staates auf” verletzte hier ohne weiteres Art 16 Abs 2 BV und damit Bundesrecht.