Aus der Dunkelkammer des Strafvollzugs
Im Strafvollzug herrscht ein rigides Regime, in dem jeder noch so geringfügige Regelverstoss disziplinarisch geahndet wird. Eine in gewissen Anstalten sehr oft angewendete Sanktion ist die Isolationshaft bzw. im Jargon das Loch. Eine Anhörung erfolgt – wenn überhaupt – nach Antritt der Disziplinarstrafe und die Rechtsmittelfristen enden – je nach Kanton bzw. Konkordat – bevor die Sanktionierten faktisch überhaupt die Möglichkeit haben, eine Beschwerde zu verfassen. Im Loch ist ein Kontakt mit einem Anwalt nicht möglich und manche Institutionen stellen den Betroffenen auch kein Schreibmaterial zur Verfügung. Selbst wenn eine Beschwerde eingereicht wird, nützt es nichts, weil die Sanktion bereits vollzogen ist, wenn die Beschwerde beurteilt wird.
Offenbar ist auch nicht immer klar, welches Rechtsmittel an welche Instanz zu richten ist. Dieser Frage musste das Bundesgericht für den Kanton Genf bzw. das Konkordat für die lateinische Schweiz klären. Das war nicht ganz einfach, weil nämlich die möglichen Rechtsmittelinstanzen ihre Zuständigkeit verneint hatten. Diese müssen nun geklärt werden, denn das Bundesgericht wollte oder konnte die Frage selbst auch nicht beantworten (BGer 6B_961/2019 vom 14.02.2020):
Il apparaît dès lors que le recourant a été empêché de faire usage de son droit constitutionnel d’obtenir l’examen au fond, par une autorité supérieure, de la légalité de la sanction disciplinaire qui lui a été infligée, la cour cantonale et l’autorité concordataire de recours s’étant toutes deux déclarées incompétentes. Il convient donc d’inviter les autorités cantonales genevoises, respectivement les autorités intercantonales, à clarifier leur pratique ainsi que l’interprétation des normes cantonales (cas échéant supplétives) répartissant les compétences dans le domaine concerné, de façon à éviter tout conflit de compétence négatif dont le résultat porterait atteinte à l’art. 32 al. 3 Cst. Il n’est en effet pas admissible qu’un justiciable, de surcroît un mineur privé de sa liberté, auquel une voie de droit est indiquée au pied de la décision rendue à son encontre, risque par hypothèse de devoir saisir successivement plusieurs autorités sans jamais voir son recours traité sur le fond. Pour le reste, il n’appartient pas au Tribunal fédéral d’attribuer à une autorité cantonale une compétence dont l’instauration demeure du ressort des cantons (v. supra consid. 4.3.2 et 4.4.1), une éventuelle lacune de la loi dans ce domaine devant être levée par le législateur cantonal ou par le juge faisant acte de législateur (cf. art. 1 al. 2 CC) [ E. 4.5, Hervorhebungen durch mich].
Isolationshaft ist ohnehin grenzwertig. Rule 43 der Resolution 70/175 der UN-Vollversammlung v. 17.12.2015 lautet:
1In no circumstances may restrictions or disciplinary sanctions amount to torture or other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment. The following practices, in particular, shall be prohibited:
(a) Indefinite solitary confinement;
(b) Prolonged solitary confinement;
Rule 44 hält fest:
For the purpose of these rules, solitary confinement shall refer to the confinement of prisoners for 22 hours or more a day without meaningful human contact. Prolonged solitary confinement shall refer to solitary confinement for a time period in excess of 15 consecutive days.
Die Abläufe im Gefängnis bzgl. Isolationshaft sind so “organisiert”, dass sich kaum ein Betroffener/ eine Betroffene mit einer Beschwerde dagegen zur Wehr setzt. Ich kenne einen Fall von einer Frau, die wegen Erschöpfung bzw. wegen zu spätem Erscheinen am Arbeitsplatz von der Gefängnisdirektorin drei Tage lang in die Isolation gesperrt wurde. Sie hatte dagen mühsam Beschwerde eingereicht und diese wurde jedoch abgelehnt, worauf die Frau den Entscheid an die nächste Instanz gezogen hatte. Mitte Dezember 2008 wurde ihre Beschwerde vom Berner Regierungsrat gutgeheissen. Es ist allerdings äusserst selten, dass solche Beschwerden gutgeheissen werden.