Ausländerdiskriminierung bei der Strafzumessung
Jeder Strafverteidiger wird sich bei der Verteidigung eines Ausländers schon gefragt haben, ob das unverständliche Urteil möglicherweise auch auf sachfremde Gründe zurückzuführen ist. In einem Verfahren vor Bundesgericht (BGer 6B_605/2013 vom 13.01.2014) warf ein Beschwerdeführer dem Obergericht des Kantons Solothurn vor, es
habe ihn und seinen deutschen Mittäter C im Vergleich zu den beiden Schweizer Mittätern D und X in Verletzung von Art. 8 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 14 EMRK krass ungleich behandelt und als Ausländer diskriminiert. [Die Vorinstanz] habe offensichtlich ein präventives Warnsignal an den nördlichen Nachbarstaat abgeben wollen, um unliebsamen Deutschen eine Lektion zu erteilen und möglichen Straftätern aus diesem Lande vor Augen zu führen, dass Gesetzesverstösse in der Schweiz von der Justiz mit voller Härte angepackt werden (E. 2.1).
Den Ausgang der Beschwerde muss ich nicht erwähnen.
Das ist ein guter Witz, weiss man doch mittlerweile auch hier zu Lande, dass die deutsche Justiz im Allgemeinen um einiges drastischere Strafen ausfällt als die schweizerische, gerade bei Wirtschafts-, Steuer- oder nicht zuletzt auch bei Fahrlässigkeitsdelikten…
Ihrer Argumentation folgend, werter Herr RA, müsste man ja den Straftäter nordkoreanischer Herkunft noch härter anfassen. Oder hab ich Sie falsch verstanden?
Ja, da haben Sie mich tatsächlich falsch verstanden. Ich befürworte keineswegs unverhältnismässige Bestrafung, wie sie im Ausland (z.B. auch in den USA) teilweise praktiziert wird, und schon gar nicht Bestrafung nach Staatsangehörigkeit. Ich kann einfach das Diskriminierungsargument aus dem Mund eines Kriminaltouristen nicht ganz ernst nehmen, der in seinem Herkunftsland für das gleiche Delikt mutmasslich mit einer noch viel höheren Strafe bedacht worden wäre. Dies wäre auch im (unwahrscheinlichen) Fall eines in der Schweiz delinquierenden Nordkoreaners nicht anders.
Es geht meines Erachtens nicht nur um die Strafzumessung. Oft scheint sich eine Diskriminierung gewisser Ausländer durchs ganze Verfahren zu ziehen: Die Chance auf eine notwendige Verteidigung (von Anfang an) erscheint kleiner, die Chancen einer Verurteilung erscheinen grösser. Allerdings verläuft die Grenze soweit ersichtlich nicht (nur) zwischen Schweizern und Ausländern, sondern es scheint auch auf den Aufenthaltsstatus anzukommen.
Im Übrigen könnte man Ausländer natürlich nach dem Recht ihrer Heimat beurteilen. Aber das ist halt gesetzlich nicht vorgesehen. Das wäre doch mal eine Idee für die SVP. Oder wurde das schon mal gefordert?
Es muss wohl an meiner zu wenig helvetisch ausgeprägten Gesinnung liegen dass ich mich öfters diskriminiert fühle….