Aussage gegen Aussage
Erneut beschränkt das Bundesgericht die Zulässigkeit der antizipierten Beweiswürdigung im Bereich der “Vier-Augen-Delikte” (BGer 6B_1251/2014 vom 01.06.2015). Das Obergericht des Kantons Zürich hatte sich gegen die erneute Befragung des Opfers entschieden und auch ein Gutachten über die Glaubhaftigkeit der belastenden Aussagen verweigert.
Das lässt das Bundesgericht nicht mehr zu. Es heisst die Rüge des Beschwerdeführers auf Verletzung von Art. 9 sowie 29 Abs. 2 BV, Art. 10, 139 Abs. 2, Art. 343 und 345 StPO sowie Art. 6 Ziff. 2 EMRK gut, die darin lag, in unzulässiger antizipierter Beweiswürdigung die Anträge des Beschwerdeführers abzuweisen, die Geschädigte erneut einzuvernehmen sowie über diese ein aussagepsychologisches Gutachten einzuholen.
Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung sowie Beweiswürdigung und damit letztlich die Verurteilung des Beschwerdeführers beruhen damit hauptsächlich auf den Aussagen der Beschwerdegegnerin 2. Da diese folglich den einzigen direkten Beweis darstellen, liegt eine eigentliche “Aussage gegen Aussage”-Situation vor. Dieser Umstand sowie der ungeklärte mentale Gesundheitszustand der Beschwerdegegnerin 2 und die Bedeutung ihrer Aussagen für den Ausgang des Verfahrens lassen eine unmittelbare Beweisabnahme durch das Gericht für die Urteilsfällung im Sinne von Art. 343 Abs. 3 StPO als notwendig erscheinen (E. 1.4).
Das schliesst aber nicht aus, dass ein Richter Aussagen würdigen kann, die er nicht selbst gehört hat:
Die Abnahme eines Beweismittels ist notwendig, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen kann. Dies ist namentlich der Fall, wenn die Kraft des Beweismittels in entscheidender Weise vom Eindruck abhängt, der bei seiner Präsentation entsteht, beispielsweise wenn es in besonderem Masse auf den unmittelbaren Eindruck einer Zeugenaussage ankommt, so wenn die Aussage das einzige direkte Beweismittel (Aussage gegen Aussage) darstellt. Alleine der Inhalt der Aussage einer Person (was sie sagt), lässt eine erneute Beweisabnahme nicht notwendig erscheinen. Massgebend ist, ob das Urteil in entscheidender Weise von deren Aussageverhalten (wie sie es sagt) abhängt (E. 1.3).