Aussagepsychologische Grundregeln
Neulich habe ich einem schriftlich begründeten Urteil entnehmen müssen, dass ich meine Mandanten qualifiziert falsch berate, wenn ich ihnen empfehle, zu schweigen (was ich praktisch immer tue). Ich ging naiverweise davon aus, dass die Strafbehörden nichts von Aussagepsychologie verstehen. Nun lese ich aber eben folgendes:
Generell würde man von einer unschuldigen beschuldigten Person doch eher erwarten, dass sie freimütig Auskunft gibt und versucht, alles zu erklären und sich mit Ihren eigenen Aussagen zu entlasten. Ein unschuldiger Beschuldigter antwortet detailreich, spontan und ohne Ausflüchte. Er will die Wahrheit ans Licht bringen, ist gesprächig, kooperativ im Gespräch und bleibt beim Thema. Er verwendet treffende und starke Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und beteuert die Unschuld spezifisch zum jetzigen Fall, ohne dazu aufgefordert zu werden.
Ein schuldiger Beschuldigter erzählt demgegenüber nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich; er neigt zu Auslassungen. Er will die Wahrheit verheimlichen, ist zurückhaltend, unkooperativ im Gespräch und weicht auf irrelevante Themen aus. Er verwendet schwache und ausweichende Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und spricht nicht spontan über seine Unschuld.
Es stimmt eben doch, dass nur schweigt, wer etwas zu verbergen hat.