Ausschluss einer Verteidigerin

HRRS weist auf einen Beschluss des BGH vom 24. Mai 2006 hin (BGH 2 ARs 199/06 / 2 AR 102/06). Für einen Kurzüberblick eignet sich auch die Pressemitteilung des BGH.

Der Beschluss äussert sich zunächst zur Stellung des Verteidigers und zu den Grenzen seiner Tätigkeit:

Die Stellung als Verteidiger in einem Strafprozess und das damit verbundene Spannungsverhältnis zwischen Organstellung und Beistandsfunktion macht eine besondere Abgrenzung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten in Bezug auf den Straftatbestand der Strafvereitelung, § 258 StGB, erforderlich (vgl. BGHSt 38, 345, 347 ff.). Hierbei wird im Zweifel davon auszugehen sein, dass es sich um wirksame Verteidigung handelt (vgl. BGHSt 46, 36, 46). Die Grenzen zulässigen Verteidigungsverhaltens ergeben sich dabei nicht unmittelbar aus § 258 StGB selbst, vielmehr verweist die Vorschrift auf die Regelungen des Prozessrechts. Danach darf der Verteidiger grundsätzlich alles tun, was in gesetzlich nicht zu beanstandender Weise seinem Mandanten nützt. Die Achtung der rechtsstaatlich notwendigen effektiven Strafverteidigung – auch im Blick auf Art. 12 GG – gebietet erhebliche Zurückhaltung bei gerichtlicher Inhaltskontrolle von Verteidigerverhalten; dies muss gerade auch für die Abgrenzung von erlaubtem und unerlaubtem Verteidigerverhalten gelten (vgl. 9 BGHSt 47, 278, 282; Hervorhebungen durch mich).

Für den vorliegenden Fall war aber entscheidend, dass der ausgeschlossenen Verteidigerin verteidigungsfremdes Verhalten vorzuwerfen war:

Ein Fall effektiver Strafverteidigung liegt nicht vor, wenn die zu beurteilenden Handlungen eines Verteidigers sich als verteidigungsfremdes Verhalten erweisen, die sich nur den äußeren Anschein der Verteidigung geben, tatsächlich aber nach den Maßstäben des Strafverfahrensrechts und des materiellen Strafrechts nichts zu solcher beizutragen vermögen (vgl. BGHSt 46, 36, 45). Liegt – wie hier – zum Beispiel ein Leugnen des gesamten Holocaust vor, drängt sich die Annahme verteidigungsfremden Verhaltens bei Äußerungen auch im Rahmen von Beweisanträgen oder sonstigen Prozesserklärungen auf, da diese zur Sachaufklärung oder rechtlichen Beurteilung im konkreten Verfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt etwas beizutragen vermögen (vgl. BGHSt 47, 278, 283).

Für schweizerische Rechtsaussfassung zu weit geht dann aber folgende Feststellung des BGH, welche wohl auf die in Deutschland herrschende Organtheorie zurückzuführen ist:

Durch ihr Verhalten in der Hauptverhandlung ist sie zumindest hinreichend verdächtig, in strafbarer Weise unmittelbar dazu angesetzt zu haben, das Verfahren gegen den Angeklagten für geraume Zeit zu verzögern oder gar einen Abschluss endgültig zu vereiteln, wobei die Art und Weise ihrer Handlungen gerade auch die subjektive Seite belegen.