Bedingter Vollzug trotz Rückfalls
Das Bundesgericht bewilligt einem Verurteilten den bedingten Strafvollzug, den ihm das Obergericht AG trotz positiver Entwicklungen verweigert hatte (BGer 6B_64/2017 vom 24.11.2017).
Das Bundesgericht betont die Notwendigkeit einer ausgewogenen Abwägung aller relevanten Umstände:
Die Vorinstanz verletzt Bundesrecht, indem sie dem Beschwerdeführer den bedingten Strafvollzug verweigert. Sie nimmt keine ausgewogene Abwägung aller für die Legalprognose relevanten Umstände vor, sondern misst den Vorstrafen und der erneuten Straffälligkeit des Beschwerdeführers eine vorrangige Bedeutung zu. Zwar gilt beim Beschwerdeführer die gesetzliche Vermutung einer günstigen bzw. des Fehlens einer ungünstigen Prognose gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB nicht, jedoch stellt Abs. 2 StGB klar, dass ein Rückfall den bedingten Strafvollzug im Gegensatz zum früheren Recht (vgl. Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB) nicht ausschliesst (BGE 134 IV 1 E. 4.2.3 S. 7 mit Hinweisen), sondern lediglich ein widerlegbares Indiz für die Befürchtung ist, dass der Beschwerdeführer weitere Straftaten begehen könnte. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Auch die Vorinstanz geht (anscheinend) zu Recht davon aus, dass beim Beschwerdeführer eine besonders positive Veränderung in den Lebensumständen vorliegt (vgl. BBl 1999 II S 2050 Ziff. 213.142; BGE 134 IV 1 E. 4.2.3), denn sie sieht vom Widerruf des zur Bewährung ausgesetzten Strafrests aufgrund seiner aktuellen Situation ab. Der Beschwerdeführer ist gemäss angefochtenem Urteil seit den hier zu beurteilenden Delikten strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Es ist ihm trotz seiner laut Vorinstanz massiven Vorstrafen gelungen, sich voll zu resozialisieren. Er hat eine Festanstellung mit Leitungsfunktion und sein Arbeitgeber hat ihm in Kenntnis der Vorstrafen zwei Darlehen in erheblichem Umfang zur Tilgung von Gerichtskosten und weiterer im Zusammenhang mit den vorliegend zu beurteilenden Delikten stehenden Forderungen gewährt (E. 3.2).
Ich nehme an, Sie meinen damit die sog. „Mischrechnungspraxis“, bei der gefragt wird, ob es zur Verbesserung der Legalprognose genügt, wenn lediglich die neue Strafe bzw. die bedingt ausgesprochene Vorstrafe vollzogen wird. Ist das in anderen Kantonen nicht auch der Fall? Solche Überlegungen ergeben sich doch direkt aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z.B. zur Frage ob bedingt oder teilbedingt: BGE 134 IV 53, E. 5).
Genau. Im Kanton Bern hatte ich bisweilen den Eindruck, die Mischrechnungspraxis oder wie immer man sie bezeichnen will, sei zwingendes Recht. Das BGer zeigt, dass es auch ohne die paternalistisch anmutende Stütze geht.