Befangene Gutachterin

Das Bundesgericht kassiert einen kantonalen Einstellungsbeschluss (BGer 1B_188/2011 vom 01.06.2011; Fünferbesetzung), der auf ein Gutachten einer befangenen Sachverständigen abstellte. Beschuldigte Person ist ein Vorgesetzter der Gutachterin. Allein schon diese Konstellation deutet darauf hin, dass die beschuldigte Person (und die Gutachterin) in öffentlich-rechtlichen Funktionen stehen mussten. Weiteres sei folgender Urteilserwägung zu entnehmen:

Die Beschwerdeführer begründen die Befangenheit der Gutachterin Dr. E. im Wesent-lichen damit, dass diese als Mitarbeiterin des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel tätig geworden sei. Als solche sei sie Prof. F. unterstellt, der ein Ordinariat in der medizinischen Fakultät der Universität Basel innehabe. Der Beschuldigte gehöre als Titularprofessor mit Lehrverpflichtung ebenfalls der medizinischen Fakultät der Universität Basel an. Dass diese Verbindungen von den Beschwerdeführern korrekt wiedergegeben wurden, wird von keiner Seite bestritten.
Davon ausgehend stellen sich die Beschwerdeführer auf den Standpunkt, die Gutachterin stehe in einem persönlichen und fachlichen Spannungsfeld, wenn sie als Mitarbeiterin der medizinischen Fakultät das Verhalten eines Fakultätskollegen ihres Vorgesetzten zu beurteilen habe. Tatsächlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass eine Gutachterin in einer derartigen Situation (möglicherweise unbewusst) zu einer gewissen Rücksichtnahme verleitet sein könnte. Dies kann seinen Grund im Respekt vor einer hierarchisch höher gestellten Person der eigenen Fakultät haben, oder darin, dass sie befürchten könnte, durch ein belastendes Gutachten Spannungen zwischen ihrem Vorgesetzten und dessen Fakultätskollegen zu verursachen. Es ist auch denkbar, dass sie davor zurückschrecken könnte, sich innerhalb der Fakultät zu exponieren, zumal ein Strafverfahren gegen ein Fakultätsmitglied einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen dürfte. Vor diesem Hintergrund könnte sie schliesslich auch befürchten, dass es ihr berufliches Fortkommen erschweren könnte, wenn sie dem Beschuldigten ein Fehlverhalten vorwerfen würde. Der Anschein der Befangenheit ist deshalb zu bejahen.
Im Unterschied zum erwähnten Urteil 1B_22/2007 vom 29. Mai 2007 geht es vorliegend somit nicht darum, dass sich die Sachverständige in ihrem Gutachten von ihren Institutskollegen allenfalls hätte fachlich distanzieren müssen. Vielmehr war sie vor die Aufgabe gestellt, die beruflichen Leistungen eines in einem Strafverfahren stehenden Fakultätskollegen ihres Vorgesetzten zu würdigen, wobei sie erwarten musste, dass ihr Gutachten zentral für den Ausgang dieses Strafverfahrens sein würde. Unter diesen Voraussetzungen hatten die Beschwerdeführer nachvollziehbare Gründe davon auszugehen, dass die Sachverständige befangen sein könnte. Der Entscheid der Vorinstanz, die zum gegenteiligen Resultat gelangt, verletzt Art. 29 Abs. 1 BV (E. 3.3).

Es ist immer wieder erstaunlich, wie unprofessionell Verfahren gegen Personen im Staatsdienst geführt werden. Dass solche Beschwerden folgen ist doch ebenso klar wie das, was sich die Betroffenen dabei denken.