Behring auch im Staatshaftungsprozess erfolglos – aus praktischen Gründen

Das Bundesgericht hat die Staatshaftungsklage von Dieter Behring endgültig abgewiesen (Urteil 2A.604/2006 vom 08.05.2007). Für den Sachverhalt (und meine für einmal zutreffende Prognose) kann ich auf einen früheren Beitrag verweisen. Auch nach Bundesgericht war Behring nie unrechtmässig in Haft:

Im Unterschied zur früher geltenden Regelung verlangt Art. 51 Abs. 2 BStP in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung nicht mehr, dass über ein Haftverlängerungsgesuch vor dem Ablauf der Haftdauer entschieden wird. Es genügt vielmehr, dass das Verlängerungsgesuch vor Ablauf der Frist beim Bundesstrafgericht eingereicht wird, und dessen Beschwerdekammer muss nicht mehr wie früher selber innerhalb der Frist entscheiden (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 28. Januar 1998 über die Änderung des Strafgesetzbuches, der Bundesstrafrechtspflege und des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes, BBl 1998 II 1555; Felix Bänziger/Luc Leimgruber, Das neue Engagement des Bundes in der Strafverfolgung, Bern 2001, Art. 51 N. 213). Nach dieser neuen Ordnung wird somit die Haft mit dem Ablauf der 14-tägigen Frist nicht bereits widerrechtlich. Vielmehr gilt diese so lange als bewilligt, bis der Richter über ein Verlängerungsgesuch entscheidet. Gleichzeitig bleibt es dem Inhaftierten jedoch unbenommen, jederzeit ein Haftentlassungsgesuch zu stellen (E. 7.2, Hervorhebungen durch mich).

Nach dieser Rechtsprechung ist im Hafterstreckungsrecht nach BStP nur eine Frist beachtlich: Das Gesuch muss vor Ablauf der Frist gestellt werden. Auf den ersten Blick ist dies nicht EMRK-widrig, denn nach dem Konventionstext hat der Häftling nur im Fall eines Haftentlassungsgesuchs Anspruch auf ein Urteil “innert kurzer Frist” (vgl. Art. 5 Ziff. 4 EMRK). Denkt man aber einen Schritt weiter, muss das Bundesstrafgericht über ein rechtzeitig gestelltes Haftverlängerungsgesuch gar nicht mehr entscheiden. Die Haft wird ja nie unrechtmässig. Es ist somit die Bundesanwaltschaft, die faktisch ohne den Richter beliebig Haftverlängerungen anordnen kann. Ein Gesuch reicht. Abhilfe schafft allein ein Haftentlassungsgesuch, das ja dann innert kurzer Frist abgewiesen werden kann. Ob das wirklcih EMRK-konform ist, wage ich zu bezweifeln.

Im Fall Behring war nun aber noch ein weiteres, schier unüberwindliches Hindernis zu nehmen, denn die Haftdauer war kantonalrechtlich befristet. Das Bundesgericht hat dieses Hindernis eher platt gewalzt denn überwunden:

Die Vorinstanz geht ohne weitere Erklärung davon aus, dass die dargestellte Regelung auch anwendbar sei, wenn die zu verlängernde Untersuchungshaft von den kantonalen Behörden angeordnet wurde und die Bundesanwaltschaft das Verfahren später übernahm. Dies erscheint zwar nicht selbstverständlich, wenn nach dem kantonalen Recht, das die zulässige Haftdauer bestimmte, eine Haftverlängerung vor deren Ablauf bewilligt werden müsste. Indessen drängt es sich aus praktischen Gründen auf, Art. 51 Abs. 2 BStP auch in diesen Fällen anzuwenden. Die nach kantonalem Recht verfügte Haftdauer kann sich dadurch zwar etwas verlängern. Dies kann jedoch hingenommen werden, da der Inhaftierte jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen und damit eine frühere Haftüberprüfung herbeiführen kann (E. 7.3, Hervorhebungen durch mich).

Und wann bitte stellt er denn wo sein ach so praktisches Haftentlassungsgesuch? Ehrlicher wäre es wohl gewesen, den ganzen Entscheid einfach wie folgt zu begründen:

Die Staatshaftungsklage wird aus praktischen Gründen abgewiesen.