Belehrungspflichten an ausländische Beschuldigte
Nach Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b des Wiener Konsularrechtsübereinkommens (WÜK) ist ein festgenommener Ausländer unverzüglich über sein Recht zu belehren, die konsularische Vertretung seines Landes von der Festnahme benachrichtigen zu lassen.
Diese Bestimmung wurde in einem deutschen Tötungsverfahren gegen zwei Türken, das zu teilweise lebenslangen Freheitsstrafen führte, verletzt. Die gegen die letztinstanzlichen Urteile geführten Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht nun gutgeheissen. Aus der Pressemitteilung Nr. 99/2006 vom 25. Oktober 2006:
Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hob die angegriffenen Beschlüsse des Bundesgerichtshofs auf, da sie die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzten. Obwohl der Bundesgerichtshof von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen sei, die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs zum Konsularrechtsübereinkommen zu berücksichtigen, habe er Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b Satz 3 WÜK in einer Weise ausgelegt, die derjenigen des Internationalen Gerichtshofs widerspreche. Die Sachen wurden an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Dieser muss nun klären, welche Folgen sich aus dem Verfassungsverstoß für die strafrechtlichen Verfahren ergeben.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 2 BvR 2115/01 vom 19.9.2006) ist online.
Anzumerken bleibt, dass das Übereinkommen in der Schweiz seit knapp 40 Jahren in Kraft ist. Bekannt ist die Belehrungspflicht in den meisten Kantonen noch nicht (vgl. meinen früheren Beitrag).