Berner Sparmassnahme kassiert
Der Kanton Bern musste einem Beschuldigten nach einem erstinstanzlichen Urteil eine Genugtuung von CHF 20,600.00 wegen Überhaft bezahlen. Dies korrigierte das Obergericht, indem es ihn gestützt auf äusserst widerprüchliche Aussagen des Opfers zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilte. Anzurechnen waren 251 Tage Untersuchungshaft und vorzeitiger Strafantritt, womit Überhaft und Entschädigungsfolgen abgewendet wurden. Das Obergericht machte die Rechnung aber ohne das Bundesgericht, das das Urteil kassiert (BGer 6B_200/2015 vom 07.10.2015).
Dass es sich dabei tief in die Niederungen des Sachverhalts begibt, ist aussergewöhnlich. Das Urteil liest sich fast wie ein aussagepsychologisches Gutachten und kommt dann zu folgendem Schluss:
Zusammenfassend ist nicht nachvollziehbar, weshalb trotz der im Allgemeinen unglaubhaften Aussagen der Beschwerdegegnerin ausgerechnet das Würgen erwiesen sein soll. Es liegen keinerlei Beweismittel vor, die eine solche Annahme eindeutig bestätigen würden. Selbst wenn man davon ausginge, der Beschwerdeführer habe der Beschwerdegegnerin irgendwann während des Vorfalls an den Hals gefasst oder sie gar gewürgt, lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Würgen und der Wegnahme auch gestützt auf das Gutachten nicht belegen. Die Beschwerdegegnerin selbst erwähnte das Würgen teilweise in Verbindung mit der angeblichen Vergewaltigung und nicht mit der Wegnahme an sich. Bei dieser Beweislage ist die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung willkürlich, wonach der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin zum Zwecke der Entwendung ihrer Gegenstände gewürgt habe (E. 1.5).
Damit ist klar, dass das Obergericht des Kantons Bern willkürlich entschieden hat.
Bei der Lektüre dieses BGE fragt man sich unwillkürlich, wann endlich eine Qualitätskontrolle in dem Sinne eingeführt wird, dass untere Chargen öffentlich Buch führen müssen, wie sie vor oberen Instanzen abgeschlossen haben.