Berufungsfrist: keine Reduktion auf 10 Tage

Das Bundesgericht entscheidet in BGE 6B_816/2011 vom 01.03.2012 (Publikation in der AS vorgesehen), dass eine Berufungsanmeldung nicht notwendig ist, wenn das erstinstanzliche Urteil weder mündlich noch schriftlich im Dispositiv eröffnet, sondern direkt in begründeter Form zugestellt wird. Für die Berufungserklärung gilt dann die Frist von 20 Tagen nach Art. 399 Abs. 3 StPO und nicht die 10-Tage-Frist für die Berufungsanmeldung. Dass dies nicht selbstverständlich ist, verdanken wir einer in der Literatur vertretenen Auffassung, der das Bundesgericht zu Recht nicht folgt:

Wird das Urteil weder mündlich noch schriftlich im Dispositiv eröffnet, sondern direkt in begründeter Form zugestellt, ist eine Anmeldung der Berufung nicht nötig. Es genügt, eine Berufungserklärung einzureichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und entgegen einer in der Lehre vertretenen Auffassung (vgl. MARKUS HUG, in: Andreas Donatsch/Thomas Hansjakob/Victor Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art. 399 Rz. 11) gilt dabei nicht die für die Anmeldung der Berufung massgebliche Frist von 10 Tagen, sondern stehen dem Berufungskläger im Sinne von Art. 399 Abs. 3 StPO 20 Tage zur Verfügung. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die Frist für die Einreichung der Berufungserklärung von 20 auf 10 Tage reduziert werden sollte (Urteil des Bundesgerichts 6B_444/2011 vom 20. Oktober 2011 E. 2.5) [E. 2.2].

Danke!