Beschlagnahme nicht anfechtbar
Im Kanton Zürich wird ein Mann verdächtigt, durch Straftaten erlangte Vermögenswerte in eine von ihm gegründete Gesellschaft eingebracht zu haben, die Pächterin einer Reitsportanlage ist, die ihrerseits einem Verein gehört. Aus den Geldern sollen Stallungen erneuert und Pachtzinse bezahlt worden sein. Die Staatsanwaltschaft hat nun die Pferdesportanlage beschlagnahmt (Grundbuchsperre). Der Beschuldigte hat dagegen Beschwerde geführt, auf welche die kantonale Beschwerdeinstanz mangels Rechtsschutzinteresses nicht eingetreten ist. Der Beschuldigte sei weder Eigentümer noch Besitzer. Das Bundesgericht bestätigt den Nichteintretensentscheid.
Auch für das Bundesgericht ist wesentlich, dass der Beschuldigte weder Eigentümer noch Besitzer der beschlagnahmten Liegenschaft (Baurecht) ist (BGer 1B_574/2012 vom 05.12.2012):
Denn einzig dadurch, dass er Gesellschafter und Geschäftsführer der Z. GmbH ist, greift die Beschlagnahme nicht in seine Verfügungs- oder Nutzungsrechte ein; eine wirtschaftliche Berechtigung an den betreffenden Gütern reicht nicht zur Begründung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen Beschlagnahmen (Urteil 1B_94/2012 vom 2. April 2012 E. 2.1;BGE 122 II 130 E. 2b S. 133) [E. 2.2]
Dem Beschuldigten half auch nicht, dass über die GmbH im Zeitpunkt des angefochtenen Beschwerdeentscheids bereits der Konkurs eröffnet war:
Auch daraus vermag der Beschwerdeführer kein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung der Beschlagnahme herzuleiten. Im laufenden Konkursverfahren fallen aus der Pacht fliessende Vermögenserträge der Schuldnerin in die Konkursmasse (Art. 197 SchKG). Die Befugnis zur Prozessvertretung der Konkursgläubiger vor der Vorinstanz stünde, unter Vorbehalt von Art. 44 SchKG, allenfalls der Konkursverwaltung zu, nicht aber dem Beschwerdeführer als Organ der Schuldnerin (Art. 204 Abs. 1 und Art. 240 SchKG; Art. 826 Abs. 2 i.V.m. Art. 740 Abs. 5 OR). Weder als Gesellschafter noch als Geschäftsführer der Z. GmbH ist der Beschwerdeführer demnach zur Ergreifung eines Rechtsmittels berechtigt. Er bleibt durch die Beschlagnahme in seinen Rechtsgütern unberührt, womit er kein rechtlich geschütztes Interesse zur Beschwerdeführung hat (E. 2.2).
Es bleibt somit dabei, dass die Sicherungsmassnahme den Inhaber des jeweiligen Vermögenswerts in seinen rechtlich geschützten Interessen nur dann beeinträchtigt, wenn er dadurch in seiner Verfügungs- oder Nutzungsfreiheit beschränkt wird:
Die Beschlagnahme der Stallungen kann insoweit den Eigentümer oder Besitzer der Bauten und den Inhaber des Baurechts am Grundstück betreffen (<bgeref_err id=”128-IA-129″>BGE 128 Ia 129 E. 3.1.3 S. 133 f.; 120 Ia 120E. 1b S. 121).
Diese Praxis überzeugt mich nicht. Wer im Verfahren selbst Parteistellung hat, insbesondere als beschuldigte Person, müsste m.E. wenigstens zur StPO-Beschwerde legitimiert sein. Es kann ja nicht ernsthaft bestritten werden, dass die beschuldigte Person ein Interesse daran hat, etwa die Voraussetzungen einer Beschlagnahme, die sie selbst betreffen (zum Beispiel der hinreichende Tatverdacht), zu bestreiten. Dass etwa dieses Interesse rechtlich nicht geschützt sein soll, leuchtet mir nicht ein.
Beschwert ist man nur durch das Dispositiv und nicht die Begründung. Das Dispositiv befasst sich lediglich mit der Beschlagnahme und nicht mit dem Tatverdacht. Die Beschlagnahme aber belastet in diesem Fall den Beschuldigten nicht. Der Entscheid überzeugt.
Mich überzeugt er nach wie vor nicht, auch wenn er der Lehre nach richtig ist.
Dass sich die Beschwer oder nach der Terminologie des Gesetzgebers das rechtliche geschützte Interesse aus dem Dispositiv ergeben muss, führt hier ja nicht weiter und ich bezweifle das auch nicht. Das heisst ja aber nicht, dass man in einem Beschwerdeverfahren nicht die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme – und dazu gehört nun mal der Verdacht – bestreiten könnte. Das würde darauf hinauslaufen, dass der Beschuldigte die Beschlagnahme selbst dann nicht anfechten könnte, wenn er Eigentümer des Vermögenswerts wäre.
Man kann durchaus den Standpunkt einnehmen, es könne einem Beschuldigten ja egal sein, wenn Vermögenswerte Dritter zwecks Einziehung beschlagnahmt werden. Das ist der Standpunkt der Lehre, die ein rechtlich geschütztes Interesse nur annimmt, wenn die Betroffenheit unmittelbar ist. Meiner Meinung lässt sich dies mit Art. 382 Abs. 1 StPO aber nicht vereinbaren. Mein Standpunkt: Der Beschuldigte hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass im gegen ihn geführten Verfahren keine Zwangsmassnahmen angeordnet werden, weder gegen ihn noch gegen Dritte. Inwiefern dieses Intreresse rechtlich geschützt ist, ist im Einzelfall zu prüfen. Es kann aber nicht richtig sein, den Beschuldigten zum Vornherein vom Beschwerderecht auszuschliessen. Es mag sein, dass man die Beschwerde dann abweisen muss. Aber nicht einzutreten, halte ich für fragwürdig.
Mich überzeugt der Entscheid. Ich sehe nicht, weshalb der Beschuldigte eine Verfügung anfechten können soll, die ihn letztlich gar nicht betrifft. Es könnte sich ja der Dritte wehren, der behauptet, ihm gehörten die beschlagnahmten Gegenstände oder Vermögenswerte. Warum soll sich der Beschuldigte für “falsch” beschlagnahmte Vermögenswerte von Dritten für diese Dritten wehren? Damit wird würde das Prozessrisiko auf den Beschuldigten abgewälzt. Das ist nicht gerechtfertigt. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Das Prozessrisiko wird nur abgewälzt, wenn der Beschuldigte Beschwerde führen will. Dass das vorkommen soll, auch wenn ihn die Beschlagnahme letztlich gar nicht bzw. nur indirekt betrifft, beweist der Sachverhalt, den das Bundesgericht zu beurteilen hatte. Ich bleibe dabei: der Beschuldigte ist Verfahrenssubjekt und muss jede Zwangsmassnahme anfechten können, die im gegen ihn geführten Verfahren angeordnet wird.
…soweit er von dem Zwang bzw. der Zwangsmassnahme zumindest auch direkt betroffen ist, ergibt sich diese Möglichkeit so auch aus dem Gesetz.