Beschlagnahmefreie Verteidigerkorrespondenz

Das Bundesgericht heisst eine Entsiegelungsbeschwerde gegen einen Entscheid des Bundesstrafgerichts teilweise gut und schützt damit die Korrespondenz zwischen Anwalt und Verteidiger (BGer 1B_212/2010 vom 22.09.2010):

In ihrer Vernehmlassung macht die Vorinstanz geltend, bei den vom Beschwerdeführer als geheimnisgeschützt bezeichneten E-Mails (Dateien “eins.pst” und “zwei.pst” gemäss Beschwerdebeilage 4) handle es sich nicht um Strafverteidigerkorrespondenz, sondern um Klientendoppel von Korrespondenz der Anwälte mit der Bundesanwaltschaft, an Gerichte oder andere Dritte, namentlich an die Presse. Der Beschwerdeführer wendet ein, mit den fraglichen E-Mails hätten seine Anwälte ihn über die im Zusammenhang mit der Verteidigung erfolgten Abklärungen und Kontakte mit Dritten informiert. In den anwaltlichen Begleittexten zu den Klientendoppeln befänden sich zudem “geheimnisgeschützte Kommentare, Ergänzungen und Bemerkungen des Verteidigers bzw. des Beschwerdeführers”. Diese Sachdarstellung wird weder von der Bundesanwaltschaft noch von der Vorinstanz, die am 18. August 2010 je eine Kopie der Replik des Beschwerdeführers zugestellt erhielten, bestritten. Bei dieser Sachlage sind die in der Beschwerdebeilage 4 aufgelisteten 50 elektronischen Dokumente (gemäss Art. 69 Abs. 1 i.V.m.i.V.m. Art. 77 BStP) zusätzlich von der Entsiegelung auszunehmen (E. 4.4).

Wenn das alles so klar ist, versteht man den angefochtenen Entscheid in diesem Punkt nicht. Er betrifft übrigens eines der bekanntesten Verfahren der Bundesanwaltschaft und lässt ohne Weiteres den Schluss zu, dass sich die BA heillos verzettelt haben und der Entsiegelungsrichter am Rande der Verzweiflung sein muss. Seit Jahren wird um die Entsiegelung von Computerdateien gestritten, die erfahrungsgemäss kaum je etwas hergeben.