Beschleunigungsgebot verletzt – Haftentlassung!

Das Bundesgeicht hat in einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Entscheid (6B_122/2007 vom 21.06.2007) die Entlassung aus dem Strafvollzug angeordnet – wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots. Im Unterschied zu meinem letzten Beitrag dazu geht es hier nicht um Untersuchungshaft, wo die Rechtsprechung deutlich strenger ist. Was ist passiert?

Nach tadelloser Verbüssung von zwei Dritteln seiner Freiheitsstrafe von 9.5 Jahren beantragte der Beschwerdeführer durch drei kantonale Instanzen hindurch erfolglos seine bedingte Entlassung. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern stellte eine schlechte Prognose und führte dabei vor allem die deliktische Vergangenheit des Beschwerdeführers ins Feld. Die anderen Gründe des Verwaltungsgerichts sind schier unfassbar:

In Bezug auf die zu erwartenden Lebensverhältnisse wolle der Beschwerdeführer in den Kosovo in das Haus seiner verstorbenen Eltern ziehen und sich dort eine neue Existenz aufbauen. Das erscheine nicht unrealistisch und wäre positiv zu werten, könne indessen nicht überprüft werden, da der Beschwerdeführer keine entsprechenden Beweismittel eingereicht habe. Nicht auszuschliessen sei zudem eine illegale Rückkehr in die Schweiz; dies würde sich negativ auf die Legalprognose auswirken (E. 3.1).

Dazu das Bundesgericht:

Gesamthaft ist damit festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis allein auf das Vorleben des Beschwerdeführers abstellte und das Schutzbedürfnis der Bevölkerung verabsolutierte; mit dieser Argumentation wäre die bedingte Entlassung für jeden einschlägig vorbestraften Drogenhändler von vornherein ausgeschlossen (E. 3.2, Hervorhebungen durch mich).

Doch nun zum Beschleunigungsgebot:

Das Verwaltungsgericht hat bei der Polizei- und Militärdirektion eine (vom 2. November 2006 datierende) Vernehmlassung eingeholt, indessen keine weiteren Instruktionsmassnahmen getroffen und auf Grund der Akten entschieden. Dafür hat es 5 1/2 Monate und damit klarerweise zu viel Zeit benötigt; es hat dem Umstand, dass der “Zwei-Drittel-Termin” bereits Ende Juli 2006 abgelaufen war, nicht Rechnung getragen und das Verfahren nicht mit der gebotenen Beschleunigung vorangetrieben, die Rüge ist begründet (E. 4.3).

Schlussfolgerung:

Da es nicht Sache des Bundesgerichts sein kann, die mit der bedingten Entlassung allenfalls zu verbindenden Auflagen zu bestimmen und die Probezeit festzulegen, ist die Sache an das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung zurückzuweisen mit der Weisung, den Beschwerdeführer umgehend bedingt zu entlassen und die Modalitäten zu regeln. Zudem ist antragsgemäss festzustellen, dass das Verwaltungsgericht das Beschleunigungsgebot von Art. 29 Abs. 1 BV verletzte (E. 5, Hervorhebung durch mich).

Kein Ruhmesblatt für die Vorinstanz.