Beschludigt aber noch nicht verdächtigt?

Ein Beschuldigter wirft einem Staatsanwalt krasse Verfahrensfehler vor und nimmt diese zum Anlass, den Ausstand zu beantragen. Es geht darum, dass ein Beschuldigter trotz notwendiger Verteidigung mehrfach ohne Anwalt einvernommen wurde. Das geschieht ja bekanntlich häufig und wird von der Staatsanwaltschaft dann jeweils damit begründet, man habe im Zeitpunkt der Einvernahme noch keinen hinreichenden Verdacht gehabt. Das Bundesgericht schützt diesen Vorwand in einem heute publizierten Entscheid (BGer 1B_60/2014 vom 01.05.2014) mit einer bemerkenswerten Erwägung:

Aus dem Umstand, dass auf den Einvernahmeprotokollen vom 27. Dezember 2012 jeweils in der Einleitung der Hinweis angebracht ist, er werde im Vorverfahren betreffend Brandstiftung und Sachbeschädigung als Auskunftsperson bzw. als Beschuldigter einvernommen, kann er nicht ableiten, dass er bereits der Brandstiftung verdächtigt wurde, da ihm keine entsprechenden Vorhalte gemacht wurden (E. 3.4).

Voraussetzung eines Tatverdachts ist also, dass entsprechende Vorhalte explizit gemacht werden? Es reicht also nicht, der einvernommenen Person zu eröffnen, sie werde als beschuldigte Person einvernommen und sie über die entsprechenden Rechte zu belehren?

All dies war im vorliegenden Fall aber ohnehin nicht entscheidend, denn ein Staatsanwalt steht auch dann über der Sache, wenn er dem Verteidiger gegenüber feindselig auftritt:

Feindseligkeiten zwischen Staatsanwalt und Verteidiger können aber nur in seltenen Ausnahmefällen die Ablehnung des ersteren rechtfertigen. Vielmehr ist in der Regel davon auszugehen, dass sie sich mit Blick auf ihre professionelle Berufsauffassung bemühen, den Beschuldigten bzw. Klienten korrekt zu behandeln bzw. sachgerecht zu vertreten. Dass dies Staatsanwalt Müller nicht gelingen soll, ist weder dargetan noch ersichtlich (E. 3.5).

Dem Verteidiger gegenüber feindselig aufzutreten beweist ja aber eigentlich schon, dass es dem Staatsanwalt, der immerhin das Verfahren leitet, an einer professionellen Berufsauffassung mangelt.