Bestrafung der Verteidigerin?
Im Tages-Anzeiger wird über mögliche berufsrechtliche Konsequenzen für die Anwältin spekuliert, die im Zwillingsmord von Horgen unsinnige Anträge gestellt hatte (s. dazu meinen letzten Beitrag). Der Anwaltsverband sorgt sich gemäss Tagi um den Ruf seiner Mitglieder:
Wir werden uns mit dem Fall befassen», sagt ZAV-Präsident […]. Es sei aber noch verfrüht, darüber zu informieren, ob und was der ZAV unternehmen werde. Laut […] hat der Verband die Aufgabe, das Ansehen der Anwälte in der Öffentlichkeit zu fördern. Dazu gehöre fachlich einwandfreies Handeln. «Unser Job ist es, den Klienten bestmöglich zu versorgen.» Aber man müsse zuerst das betroffene Mitglied anhören, bevor verbandsinterne oder auch staatliche Sanktionen ausgesprochen würden. Diese können Verwarnungen oder Bussen sein, aber auch ein Patententzug auf Antrag des ZAV durch die Aufsichtskommission.
Nachdem sich nun alle einig sind, dass die Verteidigerin einen schlechten Job gemacht hat, dürfen sich alle den sicheren Applaus abholen und gegen die Anwältin nachtreten. Es ist die Zeit der Saubermänner und Besserwisser, die selbst noch nie einen Fehler gemacht haben und auch nie einen machen werden. Dabei wird leicht vergessen, dass das Urteil nicht deshalb kassiert wurde, weil die Anwältin so schwach war, sondern weil das Gericht seine Fürsorgepflichten verletzt hat. Wer kümmert sich um die fehlbaren Richter?
Die besserwissenden Anwälte.
Wir sind zwar besserwisserisch (oder doch besserwissend?), können unser besseres Wissen aber nicht umsetzen. So bleibt uns bloss das Meckern.
Es ist sicher in Ordnung, wenn sich der ZAV auch um die Qualität der Anwälte bemüht. Leider gibt es nur ganz wenige wirklich gute Strafverteidiger in der Schweiz… weshalb? Sie arbeiten im Vergleich zu den beratenden Wirtschaftsanwälten für einen sehr geringen Lohn…
… und wahrscheinlich auch nicht schlechter als die besser bezahlten Kollegen.