Betrügerisches Schweigen
Wer im betreibungsrechtlichen Pfändungsvollzugsverfahren keine Angaben macht, kann damit den Tatbestand von Art. 163 Ziff. 1 StGB (Pfändungsbetrug) erfüllen (BGer 6B_1133/2023 vom 11.07.2024):
Durch die vorgenommenen Kontoeröffnungen und Vermögensverschiebungen entzog der Beschwerdeführer Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubiger. Vor dem Hintergrund der dargelegten Vorkehrungen ist die Auskunftsverweigerung des Beschwerdeführers im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht lediglich als blosses Schweigen zu werten, sondern im Sinne der dargelegten Rechtsprechung als ein Verheimlichen mit betrügerischem Charakter zu qualifizieren. Mit seinem Vorgehen erweckte der Beschwerdeführer den falschen Anschein eines verminderten Vermögens und die Vorinstanz ging zurecht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB Vermögen beiseite geschafft und verheimlicht hat (E. 3.5.2).
Das Schweigen soll auch dann strafbar sein, wenn man beim Pfändungsvollzug gar nicht anwesend ist.
Das Bundesgericht legt sich weiterhin nicht fest, ob der Hinweis auf die Straffolgen als objektive Strafbarkeitsbedingung zu behandeln ist:
Das Bundesgericht hat sich im Zusammenhang mit Art. 163 StGB bisher nicht dazu geäussert, ob der Hinweis auf die Straffolgen objektive Strafbarkeitsbedingung von Art. 163 StGB ist (vgl. BGE 105 IV 325 E. 2.c zu Art. 169 StGB; Urteil 5A_232/2021 vom 9. Mai 2022 E. 4.2 zu Art. 324 StGB) und unter Berücksichtigung der als zugestellt geltenden Pfändungsurkunde mit dem darin enthaltenen Hinweis auf Art. 163 StGB erübrigt es sich vorliegend, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen (E. 3.4.3).
“Das Schweigen soll auch dann strafbar sein, wenn man beim Pfändungsvollzug gar nicht anwesend ist.” – Das habe ich so aus dem Urteil nicht entnommen. Seine Frau war ja als Vertretung für ihn dort (ich nehme an mit Vollmacht gemäss Art. 27 Abs. 1 SchKG 281.1 oder sonst “unbürokratische Vertretung”). Die Fehler einer Vertretung muss man sich doch sowieso anrechnen lassen, zum Beispiel wenn die Vertretung etwas verheimlicht, dann ist der Vollmachtgeber verantwortlich.
Der Begriff “Schweigen“ (ob in Abwesenheit/Vertretung) ist hier wohl nicht im alltäglichen Sprachgebrauch zu verstehen, sondern gleichzusetzen mit “Verletzung der Auskunftspflicht“.
Das Bger schreibt in E. 3.5.2:
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Durch die vorgenommenen Kontoeröffnungen und Vermögensverschiebungen entzog der Beschwerdeführer Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubiger. Vor dem Hintergrund der dargelegten Vorkehrungen ist die Auskunftsverweigerung des Beschwerdeführers im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht lediglich als blosses Schweigen zu werten, sondern im Sinne der dargelegten Rechtsprechung als ein Verheimlichen mit betrügerischem Charakter zu qualifizieren. Mit seinem Vorgehen erweckte der Beschwerdeführer den falschen Anschein eines verminderten Vermögens und die Vorinstanz ging zurecht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Sinne von Art. 163 Ziff. 1 StGB Vermögen beiseite geschafft und verheimlicht hat.
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in Verbindung mit E.3.2.1
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Durch blosses Schweigen wird der Tatbestand somit nur erfüllt, wenn dem Verheimlichen betrügerischer Charakter zukommt, also dazu dient, einen geringeren als den wirklichen Vermögensstand vorzutäuschen (BGE 102 IV 172 E. 2.a; Urteile 7B_169/2022 vom 31. Oktober 2023 E. 4.2.2; 6B_447/2021 vom 16. Juli 2021 E. 2.1). Art. 163 StGB ist ein Gefährdungsdelikt und setzt nicht voraus, dass Gläubiger zu Verlust kommen (Urteile 6B_447/2021 vom 16. Juli 2021 E. 2.1; 6B_940/2019 vom 6. Mai 2020 E. 3.1 mit Hinweisen).
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Ich verstehe das ganze so:
Um Vermögen zu verheimlichen (=Schweigen = Auskunftspflicht verletzt) muss man nicht “anwesend” sein. Wenn ich mich weigern würde bei einem Betreibungsverfahren “mitzumachen”, dann würde ich wahrscheinlich mit “Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen” bestraft werden, ABER wenn ich vorher mein Konto leere um das Bargeld vor einer Pfändung zu entziehen, dann hätte das ja einen “betrügerischen Charakter” (=Vermögen verheimlichen) => das BGer schreibt ja “Soweit er lediglich die Auskunft verweigert und sich überhaupt nicht auf das Verfahren einlässt, liegt demgegenüber noch kein Verheimlichen vor.” in E 3.2.1:
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Die Tatvariante des Verheimlichens von Vermögenswerten ist erfüllt, wenn der Schuldner durch Lügen oder Halbwahrheiten falsche Vorstellungen erweckt, so, wenn er nur teilweise Angaben zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation macht, sich im Übrigen aber ausschweigt, um so den Eindruck zu erwecken, vollständig Auskunft gegeben zu haben. Soweit er lediglich die Auskunft verweigert und sich überhaupt nicht auf das Verfahren einlässt, liegt demgegenüber noch kein Verheimlichen vor.
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